Die Treppe zum Garten - kultur 65 - April 2010

Fremd gewordene Erinnerungen: Die Treppe zum Garten im Theater Marabu

„Die Traurigkeiten kommen mit der Erinnerung“, heißt es einmal in diesem poetischen Stück über das Weggehen und Ankommen. Also das Hiersein, weil das Dortsein verboten wurde. Weil ein König die Musik nicht mochte oder ein kleines Kamel den mächtigen Löwen störte und deshalb nur noch als Papiertiger existieren durfte.
Aber irgendwie scheinen an den Wäscheleinen auf der Bühne so viele schöne Geschichten zu hängen, dass die Tränen schnell trock­nen. Wie viel Spaß gab es mit der Freundin Milena und dem kleinen Hund, obwohl sie zurückblieben in einem Land, das nicht mehr das eigene sein konnte. Die aus Kroatien stammende Schauspielerin Adriana Kocijan erzählt einfach hinreißend von Abschiedsschmerz und neuen Begegnungen, findet hinter den aufgehängten Kleidungsstücken reale Minidramen, wechselt in einen träumerischen Märchenton und ist dann plötzlich Scheherezade, die tausendundeine Nacht lang buchstäblich um ihr Leben reden muss. Sie macht das so heiter, dass die Angst weggezaubert wird. Die auf ihr Köfferchen gezeichnete Schlange war noch ein ganz konkretes Bild, das geschriebene Wort „Schlange“ ist eine Vokabel, die man lernen muss wie „Heizung“, „Fensterbank“ oder „Kindergarten“. Bedeutsame Zeichen für Dinge, die es in ihrer Heimat nicht gab. Es gab Treppen und Gärten zum Spielen, bis die fremden Feuervögel sie zerstörten. Wo ist die „Treppe zum Garten“ in einem Land, in dem man Bänke oder Banken vor den Fenstern braucht und Leitern, um sie zu putzen? Wie klingen leere Teller und verschluckte Tränen?
Regisseur Claus Overkamp hat das kleine Theaterwunder mit einer großartigen Darstellerin und zwei irakischen Profimusikern entwickelt. Bassem Hawar (diverse orientalische Streich- und Zupfinstrumente) und Saad Hamir (Komposition, Gesang und Perkussion) spielen virtuos, was sie fröhlich oder traurig macht. Es gibt komische Missverständnisse und witzige Irrläufe bei Reisen ins gelobte Land Europa. Hier sein ist schön, nur manchmal tun die Erinnerungen noch lange sehr weh. Overkamps Inszenierung berichtet davon ohne jede beklommene Wehleidigkeit und naive Idyllisierung. Man geht nicht gleich verändert aus der Vorstellung, aber ein biss­chen glück­licher. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 55 Min., keine Pause
Nächste Vorstellungen: 16.05./20.06.10
Für Zuschauer/-innen ab 7 Jahren

Samstag, 05.02.2011

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