Haus des Friedens - kultur 65 - April 2010

Mission unsicher: Haus des Friedens - Uraufführung in der Werkstatt

Die drei Bewaffneten in Kampfanzügen sind gestrandet; der Wagen ist kaputt, die Gegend menschenleer, kein Funkkontakt. Immerhin gewährt eine verlassene Impfstation notdürftigen Unterschlupf. Das Haus des Friedens steht in einem Niemandsland. Vieles deutet auf deutsche Soldaten in Afghanistan hin. Der Bonner Autor Lothar Kittstein hat das brandaktuelle Stück im Auftrag des Theaters Bonn verfasst. Er fällt kein Urteil über Sinn und Unsinn des Militäreinsatzes, sondern zeigt drei Figuren, die mitten drin stecken und nicht weg können. Die Zwangspause in der Wüste schürt Empfindlichkeiten und Zweifel. Auf der fast leeren Bühne mit Neonröhren am hinteren Rand (Ausstattung: Uta Heiseke) sind die drei Darsteller ständig anwesend. Regisseur Stefan Heiseke lässt sie in den Schatten zurücktreten oder holt sie nach vorn ins Licht. Er lässt sie ohne jeden aufgesetzten Regie-Aktionismus sehr präzis agieren in dieser geradezu klassischen dramatischen Situation. Über zwei TV-Monitore flimmern gelegentlich Aufnahmen von aktuellen Kriegsschauplätzen, während vom Band wie ein Echo Satzfetzen aus den eben gesprochenen Dialogen zu hören sind.
Bernd Braun ist der erfahrene Kommandeur Jost, im langen Dienst müde und zynisch geworden, angespannt ruhig, souverän trotz gelegentlichen Griffs zur Flasche und dennoch mit diesem leichten Flackern im Blick, als ob dahinter der Irrsinn sich eingebrannt hätte. Kein knallharter Militärtyp, aber ganz klar der verantwortungsbewusste Vorgesetzte und kein Kumpel für die beiden jungen Kameraden.
Konstantin Lindhorst verkörpert den unermüdlich redenden Lorenz, der als Mechaniker den Wagen wieder flott zu machen sucht. Er plustert sich gegenüber Marie auf als Sonnyboy vom Dienst und fällt hilflos wieder in sich zusammen. Er ist komisch in seiner leicht durchgeknallten Geschwätzigkeit, ein bisschen wehleidig und im Grunde ein sympathischer, noch nicht vom öden Lagerleben und der täglichen Bedrohung abgestumpfter Kerl.
Für Marie ist es der erste Außeneinsatz, und sie ist glücklich darüber, dass Jost ihr das ermöglicht hat. Maria Munkert spielt die gebildete junge Frau, die aus echter Überzeugung hierher gekommen ist. Nicht aus naiver Abenteuerlust oder weiblichem Ehrgeiz: Sie glaubt an die Friedensmission und sogar an Gott. Mit ihrem hartnäckigen Idealismus wirkt sie regelrecht provokant. Eine „Heilige Johanna“ sei hier eigentlich nicht nötig, erklärt Jost ihr kurz und bündig. Dennoch: Sie scheint dem mutigen jungen Milan aus einer Kompanie zu gleichen, der kürzlich von einer Mine zerfetzt wurde. Jost hat seinen Tod nicht verwunden.
Sind die drei Fremden da draußen wirklich allein? Werden sie abgehört? Gibt es versteckte Feinde in der Nähe? Die Angst vor einem Hinterhalt oder Terroranschlag steigt wie die Aggressivität innerhalb des engen Raumes. Beide Männer versuchen, sich gewaltsam an der Frau zu vergreifen; das sensible Gleichgewicht der Dreierkonstellation bekommt Risse. Es wird dennoch nichts vordergründig Spektakuläres passiert sein, wenn Lorenz endlich den Motor des Wagens repariert hat. Nur der alltägliche Schrecken. Die beklemmende Intensität der Aufführung geht unter die Haut. Absolut sehenswert! E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 1 ¾ Std., keine Pause
Im Programm bis: ?????
Nächste Vorstellungen: 10.04./17.04./25.04./27.04./12.05./4.06.

Donnerstag, 17.11.2011

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