Robert S. - kultur 81 - Dezember 2011

Uraufführung: Robert S. im Alten Malersaal
Verzweifelte Kunstanstrengung

Fünf renommierte zeitgenössische Komponis­ten hatten sich im Auftrag von Theater Bonn für die experimentelle Musiktheater-Reihe „Bonn Chance!“ mit den Lebenswidersprüchen des geistig umnachtet in Bonn gestorbenen Komponisten und Musikkritikers Robert Schumann (1810 – 1856) beschäftigt. Zweifellos ein spannendes Konzept, das fünf unterschiedliche musikalische Handschriften verbindet. Sie werfen Schlaglichter auf eine Persönlichkeit, die zwischen Selbst- und Kunstanspruch, Erfolgszwang und Existenzerhalt langsam zerfällt.
Robert S. oder 5 Verhinderungen über Kunst nachzudenken ist keine lineare biographische Erzählung, sondern eine Reflexion über die Fremdheit des Künstlers. Fünfmal fünfzehn Minuten Musik beleuchten zum weitgehend aus Schumann-Zitaten collagierten Libretto von Klaus Angermann Schumanns Lebensstationen: Leipzig (Karola Obermüller), Düsseldorf (Georg Katzer), Zwickau (Annette Schlünz), Bonn (Peter Gilbert) und Dresden (Sergej Newski). Unter der umsichtigen Leitung von Wolfgang Lischke am Pult eines vierzehnköpfigen Instrumental-Ensembles vom Beethoven Orchester klingt das ebenso reizvoll wie die vier mit Gäs­ten besetzten Gesangspartien. In der „szenischen Einrichtung“ (das Programm vermeidet die Bezeichnung „Regie“) von Michael von zur Mühlen gerät das leider zu einer mühsamen intellektuellen Kunstanstrengung. Theodor W. Adornos Stimme nimmt den ökonomisierten Kulturbetrieb aufs Korn, während das Publikum durch einen biedermeierlichen Salon wandert und sich zwischen allerhand Kunstgerümpel in der Bühneninstallation von Christoph Ernst seine Plätze sucht. Papa Wieck (der Bariton Nicholas Isherwood) taucht mit Indianerkopfschmuck auf, seine Tochter Clara (Hanna Dóra Sturludóttir, Mezzosopran) trägt Cowboy-Stiefel zur Gitarre und darf später zu Messer und Kettensäge greifen. Am Caféhaustisch verhandeln zwei Herren mit Cowboyhüten (der Altus Roland Schneider und der Tenor Andrew Zimmermann) die Kunstverwertung, ein künstliches Lagerfeuer flackert. Per Live-Video werden Momente aus der Salonromantik und der nüchternen Künstlergarderobe zugespielt. Die Herren dürfen sich auch tatkräftig an Plastikpenissen abmühen, was selbst mit übergestülpten Kaffeekannen wenig ästhetischen Mehrwert bringt. Außerdem trägt Julian Blaue, der sich selbst als Essayist und Spießbürger bezeichnet, während der Proben und der Aufführung verfasste eigene Texte vor, was gelegentlich ganz erhellend ist, die Vorstellung jedoch auf zweieinhalb Stunden aufbläht. Bei der besuchten Vorstellung hielt knapp die Hälfte der Zuschauer bis zum bitteren Ende durch. „Denn nichts als nur Verzweiflung kann uns retten“, hatte anfangs Adorno Grabbe zitiert. Die zweifelhafte Kunstanstrengung dieses Robert S. trägt leider nicht viel zur Rettung der Reihe „Bonn Chance!“ bei. E.E.-K.

Am 16.November war die letzte Aufführung!

Donnerstag, 16.02.2012

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