Gaslicht - kultur 81 - Dezember 2011

Gaslicht von Patrick Hamilton im Kleinen Theater
Feingesponnener Psychothriller

Wie die hübsche junge Bella ausgerechnet diesem deutlich älteren Grobian verfallen konnte, wird wohl ewig ihr Geheimnis bleiben. Irgendetwas stimmt nicht mit dem anscheinend ziemlich wohlhabenden Mr. Jack Manningham, der seiner Gattin Bella einzureden versucht, dass mit ihr etwas nicht stimme und dass sie wie ihre verstorbene Mutter in eine psychiatrische Anstalt gehöre.
Seltsame Dinge geschehen in dem Haus der Lady Alquist. Unter diesem Titel wurde das Stück des Briten Patrick Hamilton 1945 höchst erfolgreich verfilmt. Die junge Schwedin Ingrid Bergman erhielt für ihre eindrucks­volle Verkörperung der Bella Mannigham ihren ersten Oscar. Im Kleinen Theater spielt Claudia Kraus die junge Dame aus gutem Haus, die alle Demütigungen und Gemeinheiten ihres Angetrauten mit Engelsgeduld erträgt. Kraus, die im Kleinen Theater bereits als Kleists Käthchen von Heilbronn überzeugte, macht das hinreißend genau. Sie ist das verstörte Seelchen im viktorianisch hochgeschlossenen Kleid (Kostüme: Sylvia Rüger). In ihren Augen spiegelt sich das ganze Unglück ihres Ehelebens. Man sieht an ihrem Gesicht, wie sie verzweifelt nach Erklärungen sucht, den lauernden Wahnsinn abwehrt und mit sich kämpft, bis sie schließlich tapfer eingreift, um den Schurken zu Fall zu bringen. Volker Weidlich spielt den Schuft Jack Manningham recht eindimensional als brutalen Fiesling und verlogenen Lebemann, dessen Triebe auch vor dem reizenden Dienstmädchen Nancy (Fabienne Hesse) nicht haltmachen. Was der strengen alten Hausangestellten Elisabeth (Renate Clair) ebenso gegen den Strich geht wie das ungehobelte Verhalten ihres Dienstherrn.
Im von Bühnenbildner Frank Joseph stilecht eingerichteten englischen Salon verschwinden Gegenstände, und ab und zu beginnen die Gaslampen zu flackern. Das Gaslicht, wie der berühmte Psychothriller hier heißt, wird zu bestimmten Zeiten schwächer, wofür Bella durchaus einen Grund ahnt. Regisseur Ralf Budde gelingt es, die Krimispannung der Geschichte aufrecht zu erhalten, auch wenn der Täter im Grunde von Anfang an kenntlich ist. Das Überraschende sind die Details, die sich bis zu seiner Entlarvung zusammenfügen müssen. Wofür ein alter Kommissar, der auch nach der Pensionierung von seiner kriminalistischen Spürnase nicht lassen kann, selbstverständlich die beste Lösung bietet. Stargast Claus Wilcke nimmt mit bärbeißigem Charme die Herausforderung an und bringt Bella mit großväterlicher Fürsorge zur rettenden Mitarbeit und schließlich zu ihrem Recht.
Ein Mordfall lässt dem sympathischen alten Herrn Rough keine Ruhe. Im noblen Londoner Haus, das Mr. Manningham gekauft hat, lag eines Tages die reiche Lady Alquist mit durchschnittener Kehle vor dem Kamin. Der Mörder wurde nie gefasst, aber auch die kostbaren Rubine der wegen ihrer Mildtätigkeit wie ihrer Intelligenz beim Zusammenhalt ihres Vermögens bekannten Dame kamen nie ans Tageslicht. Befinden sich die edlen Steine noch im Haus, in dem die arme Bella von merkwürdigen Gespenstern heimgesucht wird?
Kommissar Zufall ist unverzichtbar in der very british angelegten Inszenierung, die vor allem wegen der fein herausgearbeiteten psychologischen Hinterhältigkeit dieses Krimi-Klassikers entschieden sehenswert ist. E.E.-K.

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Spieldauer ca. 2½ Stunden inkl. einer Pause.
Im Programm bis 5.12.11
Die nächsten Termine:
täglich außer 30.11.11

Donnerstag, 16.02.2012

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