Der Räuber Hotzenplotz - kultur 71 - Dezember 2010

Kasper, Seppel und das Zauberschloss: Der Räuber Hotzenplotz im Jungen Theater

Wirklich schlau sind der muntere Kasper und sein tollpatschiger Freund Seppel nicht. Aber ein liebenswürdig naives Gespann, das sich was traut. Außerdem mögen sie Großmutters Pflaumenkuchen, natürlich mit viel Schlagsahne. Oma liebt guten Bohnenkaffee und bekommt deshalb zum Geburtstag von den beiden Jungs eine nagelneue Kaffeemühle mit eingebauter Spieluhr. Natürlich wirft sofort der Räuber Hotzenplotz (als struppiger Bösewicht: Rolf Bidinger) ein Auge auf das tolle Ding. Schließlich ist er ein gewissenhafter, sehr berühmter Räuber. Er zückt also pflichtbewusst seine allseits bekannte Pfefferpistole. Oma (wie immer hinreißend: Giselheid Hoensch) fällt in Ohnmacht. Kaffeemühle weg und Schluss mit lustig.
Da ist selbst Wachtmeister Dimpfelmoser machtlos, der die beiden Jungs sowieso für ausgemachte Trottel hält. Moritz Simon saust in schmucker Uniform mit wichtiger Miene auf einem blinkenden Polizei-Fahrrädchen („Super-Bike“, gibt Seppel anerkennend zu), das in groteskem Missverhältnis zu seiner Länge steht, durchs Dorf und sorgt für die Einhaltung der Gesetze. Aber ein richtiger Räuber ist doch eine Nummer zu groß für einen treuen Staatsdiener.
Also machen Kas­per und Seppel sich selbst auf Räuberjagd. Der ungemein beweglich herumhüpfende Dimetrio-Giovanni Rupp verbirgt unter seiner knallroten Kas­per-Zipfelmütze immer ein paar gescheite Ideen und hat die putzigsten Wörterverdrehungen auf der Zunge. René Wedewart als Seppel mit zünftigem Filzhut kann angesichts der verkas­perten Geistesblitze des pfiffigen Kerlchens nur noch staunen und dabei eine herrlich törichte Miene aufsetzen. Trotzdem werden die beiden Helden bei dem Versuch, dem Hotzenplotz eine Falle zu stellen, selbst zur Beute. Obwohl der Räuber auch nicht gerade ein Genie ist und einige Zeit braucht, bis er begreift, wozu ein Wagen Räder hat. Seppel muss die Räuberhöhle in Schuss halten, was echt nicht sein Ding ist. Kasper trifft’s­ noch ärger: Er wird an den Zauberer Petrosilius Zwa­ckelmann (herrlich böse: Jan Herrmann) verkauft, dessen magische Künste ausgerechnet beim Kartoffelschälen enden, obwohl er knus­prige Bratkartoffeln kiloweise vertilgen möchte…
Ein echter Kasper lässt sich freilich nicht einschüchtern und inspiziert tapfer den düsteren Schlosskeller, aus dem ein verzweifeltes Schluchzen klingt. Natürlich schafft es Kasper, die von Zwackelmann in eine hässliche Unke verzauberte gute Fee Amaryllis (Andrea Brunetti) zu befreien. Bei der spektakulären Verwandlung des eklig schillernden Tiers in eine strahlende Schönheit vollbringt die Kostümbildnerin Brigitte Winter ein wahres Wunder. Seppel wird mit Hilfe der Fee auch erlöst, Hotzenplotz wird mit einem Käfig über dem Kopf vom Raubvogel zum blöden Zwitschervogel degradiert.
Auf der von Katharina Priwe mit viel Phantasie gestalteten Bühne können sogar die Sonnenblumen singen (flotte Musik: Uwe Vogel). Andreas Lachnit hat Otfried Preußlers Geschichte vom Räuber Hotzenplotz mit dem spielfreudigen Erwachsenen-Ensemble des JTB so vergnüglich inszeniert, dass die ganze Familie ihren Spaß daran haben kann. Preußler nimmt in seinem beliebten Kinderstück die alte Tradition des Kasperletheaters auf. Was auf den ers­ten Blick völlig unzeitgemäß erscheint, hier aber so quietschlebendig mit einer Menge Slapstick-Komik und Sprachwitz daherkommt, dass die schlichte Handlung eher nebensächlich wird. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 1 ¾ Std., eine Pause
Im Programm bis: ?????
Für Zuschauer ab 5 Jahren.

Montag, 21.03.2011

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