Das Land des Lächelns - kultur 71 - Dezember 2010

Operettenseligkeit: Das Land des Lächelns im Kleinen Theater

Kennen Sie das Lieblingsmusikstück von Harald Schmidt? Natürlich ist es Zufall, dass er im WDR-Klassikforum kurz nach der Premiere von Franz Lehárs Land des Lächelns im Kleinen Theater bekannte: Es ist Sou-Chongs „Dein ist mein ganzes Herz“ aus eben dieser Operette. Gesungen allerdings vor gut einem halben Jahrhundert von Fritz Wunderlich. Mit dem können die beiden Tenöre im Kleinen Theater natürlich nicht konkurrieren, aber ve­ritable Opernsänger, die auch in großen Häusern in wichtigen Partien auftreten, sind für diese reizende Operetten-Produktion durchaus verpflichtet. Insbesondere der junge Chinese Yung-Youl Oh (alternierend mit Matthias Pagani) verkörpert die Rolle des chinesischen Prinzen Chou-Song stimmlich und spielerisch sehr überzeugend.
In den geheimnisvollen Fremden hat sich „Bei einem Tee à deux“ die hübsche blonde Wiener Grafentochter Lisa (Beatrice Forler / Dorothee Kahler) verliebt. Die aufgeweckte junge Frau hat die wie Puppen herumstehende, Champagner trinkende Hofgesellschaft reichlich satt und sucht den Geschmack von Freiheit und Abenteuer. Wenn dann einer kommt, der ihr „von Apfelblüten einen Kranz“ verehren möchte und von einer „Mondnacht im April“ schwärmt, kann sie nur noch dahin schmelzen. Lisa folgt also dem charmanten Chinesen ins „Land des Lächelns“. Weil die Reise zum Beginn des 20.Jahrhunderts noch ziemlich lange dauerte, gibt es in Egon Baumgartens Inszenierung von Franz Lehárs 1929 uraufgeführter romantischer Operette gleich nach dem ersten Akt eine Pause.
„Immer nur lächeln“, lautet die Devise im von Ausstatter Ottowerner Meyer (auch verantwortlich für die prächtigen Kostüme) ein­drucks­voll gestalteten fernöstlichen Palast, wo Onkel Tschang (Erwin Geissler, der zuvor Lisas gräflichen Papa spielte) ein strenges Regiment führt. „Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt?“, fragt sich das selig mit sich selbst beschäftigte Paar, doch das Glück bekommt Risse. Lisa hat sich die Ehe mit dem Exoten aufregender vorgestellt, ist nicht begeistert von dem starren Hofzeremoniell und schon gar nicht von den vier Mandschu-Bräuten, mit denen sie sich den Prinzen teilen soll. Da ist es schon gut, dass ihr treuer Verehrer, der ­lus­­tige Dragonerleutnant Graf Gustav von Pottenstein (Lutz Thase mit schöner Buffo-Stimme) sich flugs als österreichischer Militärattaché nach Peking begeben hat. Wo er sich Hals über Kopf in Sou-Chongs kleine Schwester Mi verknallt. Die quirlige Anna-Mari Takenaga spielt nicht nur das entzückende „China-Girl“, sondern verfügt auch über einen unwiderstehlichen Soubretten-Sopran. Man muss sie einfach mögen, zumal sie dem netten Gustl und ihrer ernüchterten Freundin Lisa schließlich zur Flucht verhilft. „Meine Liebe, deine Liebe, die sind beide gleich“ – dennoch liegen dazwischen Welten.
Unter der musikalischen Leitung von Stephan Ohm – das Orchester wird vom Band zugespielt – klingen die bekannten Ohrwürmer so schön wie eh und je. Markus Exner als Conferencier führt geschickt durch die schlichte Handlung. Lisa will zurück in die walzerselige Heimat, wo Frauen ungestraft Tennis spielen und nicht nur Tee trinken dürfen. Leutnant Gustl ist eine galante Begleitung auf der Reise zurück nach Europa. Mi behält ihren bittersüßen Traum: „Wenn die Chrysanthemen blühen“, könnte der nette Gustl ja wieder nach China kommen. Sou-Chong hat ausgeträumt und lächelt starr vor sich hin: „… doch wie’s da drin aussieht, geht niemand was an.“ Das geht direkt ins Herz. Ebenso wie die unverwüstlichen Melodien.
Ein Meisterwerk der silbernen Operette – blitzsauber präsentiert. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 2 Std., eine Pause
Im Programm bis: 10.12.10
Nächste Vorstellungen: fast täglich

Montag, 21.03.2011

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