Ashes - kultur 60 - November 2009

Phoenix aus der Asche: Ashes - Gastspiel des C. de la B. im Opernhaus

Wenn einer am Ende behauptet: „This is my last word“ und alle zu einem selbstbestimmten Leben auffordert, ist das noch längst nicht das Ende der Inszenierung. Die Tänzerinnen und Tänzer liegen zwar von der ewigen Repetition erschöpft am Boden, rappeln sich aber langsam einzeln wieder hoch. Eine Katastrophe scheint die Welt anfangs zum Stillstand gebracht zu haben. Aschgraue Gestalten liegen wie tot herum zwischen den übereinander geschachtelten grauen Hütten. Jean Bernard Koeman hat sich für sein Bühnenbild zu Ashes anregen lassen von einem Vulkanausbruch. Doch dann betritt eine dunkelhäutige Tänzerin im leuchtend türkisfarbenen Kostüm die Bühne und weckt nach einem kurzen Schreckensmoment mit ihrer Vitalität alle Figuren wieder zu neuem Leben.
Von der Vergänglichkeit und dem ständigen Neubeginn handelt das Tanzstück Ashes von Koen Augustijnen, das im September in der Reihe „Highlights des internationalen Tanzes“ in Bonn seine Deutschland-Premiere erlebte. Das Theater Bonn ist neben diversen internatonalen Partnern Koproduzent des im Februar in Zürich uraufgeführten Werkes der von Alain Platel 1984 gegründeten Ballets Contemporains de la Belgique. Unter dem Label Les Ballets C. de la B. wurde die in Gent beheimatete Truppe zu einem der weltweit renommiertes­ten Erprobungsorte für innovative choreographische Handschriften. Augustijnen gehörte seit 1990 zu den herausragenden Tänzern der Truppe und ist seit mehr als einem Jahrzehnt einer ihrer Hauschoreographen. Sein Abschied vom aktiven Tanz und der Tod seines Vaters waren Inspirationsmomente für Ashes. Und die tröstende, neue Ordnungen stiftende Kraft der Musik von Georg Friedrich Händel, die Wim Selles originell arrangiert hat für ein live spielendes, kleines Ensemble aus Violine, Cello, Laute, Akkordeon, Marimbas und Percussion. Die Instrumente breiten einen fein gewebten Klangteppich aus für die sieben Tänzerinnen und Tänzer, die sich das irdische Dasein zurückerobern, manchmal zur einheitlichen Gruppe zusammenfinden, aber meis­tens schwungvoll die körperliche Fliehkraft nutzen.
Zehn Arien und Duette von Händel begleiten sie dabei nicht nur als wunderbarer Gesang aus einer fernen Barockwelt. Die Sopranistin Amaryllis Dieltiens und der Countertenor Steve Dugardin mischen sich ins Bühnengeschehen ein. Ihr zum Weinen schönes Io t’abbraccio klingt aus himmlischer Höhe zum Beginn der vielen kleinen Liebesverwirrungen; zu Pena tiranna fliegen die Fetzen. Ab und zu mischt sich ein feines metallisches Sirren und gläsernes Klirren in die Heile-Welt-Behauptungen der Musik. Ein Mann und eine Frau sind durch einen Stab verbunden und können sich dennoch nicht erreichen. Sehr komisch hüpft ein Mann vor einem verlockend wack­elnden weiblichem Hinterteil vor und zurück. Einige rennen kopfüber gegen die Wände und sausen akrobatisch von einem Trampolin aus über die Köpfe hinweg.
Zu Staub werden wir alle irgendwann. Der Rest ist ein (hier trotz aller überraschenden Bewegungen etwas zu lang geratener) verrück­ter Probelauf.
Nach knapp 90 Minuten animierter Applaus für die großartigen Künstler von „C. de la B.“ aus dem vielsprachigen Nachbarland Belgien. E.E.-K.

Dienstag, 09.02.2010

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