Nur für Erwachsene - kultur 98 - Juli 2013

Nur für Erwachsene von George F. Walker in der Werkstatt: Menschen im Motel

Die Berliner Schaubühne präsentierte vor knapp einem Jahrzehnt alle sechs Teile der trashigen Motel-Serie des Kanadiers George F. Walker. Nach dem großen Erfolg ihrer Debüt-Inszenierung von Genie und Verbrechen hat die junge Regisseurin Nadine Scheck noch Walkers Nur für Erwachsene nachgeschoben. In dem heruntergekommenen Motel (Bühne: Carla Friedrich), das in der ersten Folge u.a. von erfolglosen Auftrags-Brandstiftern, einer Mafia-Managerin und einer ziemlich gewaltbereiten Pizzabäckerin heimgesucht wurde, tummeln sich diesmal die Gesetzeshüter.
Deren Verhältnis zu Recht und Ordnung ist – wie zu erwarten – nicht von tiefer Zuneigung geprägt. Ebenso wenig wie das Verhältnis der Staatsanwältin Jayne (cool: Maria Munkert) mit dem Polizisten Max (gutmütig mit Macho-Touch: Nico Link). Dessen Potenz liegt immerhin leicht über seinem Intelligenzquotienten, aber fürs Gerangel unter der Bettdecke sind schon einige Anstrengungen nötig. Eigentlich ist er ein ziemlich netter Kerl, der das ganze Elend einfach satt hat. Während das Paar einen großen Deal ausheckt, taucht ein weiteres auf. Max‘ Kollege Donny (zynisch, aber nicht unerschütterlich: Wolfgang Rüter) hat den größten Teil seines Verstandes mit Alkohol weggespült, der Rest reicht aber noch für gelegentliche Geistesblitze. Leider hat er auch sein ganzes Geld verspielt oder mit Huren durchgebracht. Mit seiner Frau Pam (abgrundtief leidend: Anastasia Gubareva) läuft gar nichts mehr, obwohl die im knappem roten Latex-Outfit (Kos­tüme: Hedda Ladwig) fast schon kriminell sexy erscheint. Außerdem wohnen Pam, die sich nach ein wenig kleinbürgerlicher Geborgenheit sehnt, und das Kind jetzt bei Jayne.
Vordergründig eine Boulevard-Konstellation – allerdings ziemlich weit unten auf der Scala der bürgerlichen Normen. Es ist ein grotes­ker Tanz der verlorenen Seelen – bei aller Tristesse sehr komisch, garniert mit sarkastischen Pointen und intellektuellen Querschüssen. Dass die Sache ziemlich blutig endet, verwundert kaum. Für witzige Überraschungen sorgt indes die Regie, die den Figuren trotz des flotten Tempos viel Entfaltungs-Spielraum lässt und sie nie denunziert.
Eine schräge Pulp-Fiction-Parodie, deren blanker Irrsinn fast noch mehr Spaß macht als Genie und Verbrechen. Allerdings nur für unerschrockene Erwachsene. E.E.-K.

Spieldauer ca. 80 Minuten, keine Pause
Letzter Termin: 5.07.2013

Dienstag, 10.12.2013

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