Der kleine Prinz - kultur 93 - Februar 2013

Der kleine Prinz von Gregor Seyffert in der Oper: Getanzte Poesie

Zwischen zehn und zwanzig Jahren jung sind die Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Ballettschule Berlin, als deren künstlerischer Leiter und Professor für Bühnentanz Gregor Seyffert seit etlichen Jahren fungiert. Er habe die Seiten des Büchleins von Antoine de St. Exupéry schon als Kind regelrecht „eingeatmet“, erklärte der Tänzer und Choreograph Seyffert in einem Interview zu seiner Inszenierung des „Kleinen Prinzen“. Die luftige Poesie der Geschichte aufgesogen haben auch die kleinen und großen Zuschauer bei den beiden ausverkauften Vorstellungen seines „phantastischen Balletts“ am 28. Dezember im Bonner Opernhaus.
Den fliegenden Dichter, der mit seiner Maschine in der Wüste abstürzt, verkörpert der vielfach ausgezeichnete Seyffert in seiner 2005 am Theater Dessau uraufgeführten Produktion selbst: Ein sensibler Träumer im weißen Pilotenanzug, der den Himmel unter seinen Füßen erspürt und mit dem Herzen die Bodenhaftung einfängt. Erst vierzehn Jahre alt ist Katharina Nikelski, die den Kleinen Prinzen nicht nur hoch professionell virtuos tanzt, sondern dieser Figur all die emotionalen Facetten verleiht, die St. Exupéry ihr zugeschrieben hat. Es ist einfach fabelhaft, wie sie mit kindlicher Naivität die merkwürdigen Wesen auf der Reise durchs Universum bestaunt, nachdenklich deren Widersprüche erforscht und ihrem irdischen Erfinder fast überirdisch zart ans Herz wächst. Was eine lausbübische Intelligenz nicht ausschließt, wenn sie mit ihrem großen Freund herumtollt oder klassische Ballettfiguren auf der Spitze spielerisch Revue passieren lässt. So märchenhaft transparent erlebt man dieses helle Kunstgeschöpf aus Wachtraum und Welteinsicht nur in absoluten Sternstunden.
Ein gezeichnetes unsichtbares Schaf gibt es bei Seyffert nicht. Dafür aber eine „Rote Frau“ die das schwierige Verhältnis des Autors zu seiner Gattin andeutet. Für das visuelle Planetengestöber sorgen das Bühnenbild von A. Christian Steiof und dreidimensionale Videoanimationen. Da wird der Wüstensand zu Meereswogen, während der quälende Durst erlösenden Regen herbeiphantasiert. Da weckt eine unverschämte Rosenshow das Heimweh nach der einzigen fragilen Blüte, die nur deshalb so schön ist, weil sie individuell geliebt und gepflegt wird.
Das Geheimnis der Freundschaft kennt freilich nur der schlaue Fuchs (elegant im feuerroten Frack: Alisa Bartels), während die giftgrün schillernde Schlange (ungeheuer geschmeidig: Lena Ries) mit ihrem tödlichen Kuss den Kleinen Prinzen zurückbefördert auf seinen winzigen Planeten mit den sanft rauchenden Vulkanen, von dem er den seltsamen Menschen am Ende zuwinken wird. Aber er war in gut zweieinhalb galaktischen Glücksstunden mit Zwischenstationen z.B. bei einem grotesken Menuett am Königshof, bei einem rasenden Laternenanzünder und einem besitzergreifenden Sternekapitalzähler hier ganz nah bei uns auf jenem Planeten Erde, dem der skurrile Geograph noch einen guten Ruf bescheinigte.
Gewiss: Das Wesentliche ist nur mit dem Herzen zu sehen. Aber für die Augen und Ohren blieb noch eine Menge übrig bei diesem bezaubernden Tanztheater, das vom Bonner Publikum begeisterten Beifall erhielt. E.E.-K.

Donnerstag, 12.09.2013

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