Kabale und Liebe - kultur 102 - Januar 2014

Kabale und Liebe im Euro Theater Central: Unglückliche Leidenschaft

Es ist echte Liebe und passt folglich überhaupt nicht ins Kalkül der ehrgeizigen Präsidentin. Die mächtige Dame im schwarzen Frack scheint ihren Einfluss am fürstlichen Hof auf nicht immer ganz astreinen Wegen erobert zu haben. Die Rolle des Präsidenten von Walter verdankt sie wohl vor allem dem üblichen Frauenüberschuss an privaten Schauspielschulen. Im Euro Theater Central hat Heike Bänsch Schillers bürgerliches Trauerspiel Kabale und Liebe mit dem Abschlussjahrgang der Kölner Arturo Schauspielschule inszeniert, der damit auf einer professionellen Bühne sein Talent beweisen darf. Und das in der raffinierten, alle Schauplätze und Figuren schön ins Licht rückenden Ausstattung von Marijke Brinkhoff auch sehr ordentlich tut. Auch wenn es mit sieben Darstellern ziemlich eng wird in dem kleinen Raum.

Eng ist es freilich sowieso in der Wohnung des kreuzbürgerlichen Stadtmusikus Miller (nett polterig: Marvin Thiede), der sein braves Töchterchen Luise zu Recht in Gefahr sieht angesichts ihres adeligen Liebhabers Ferdinand von Walter. Jochen Horch legt so viel Leidenschaft in die Rolle dieses naiven Heißsporns, dass man nicht jedes Wort versteht, aber seine Verwirrung schnell begreift. Zumal er es mit einer dominanten Mutter zu tun hat, was die bekannte Konstellation leicht verschiebt. Svenja Hermuth gibt der Präsidentin jedenfalls nicht nur starkes Gewicht, sondern auch eine intrigante Überlegenheit jenseits der möglicherweise einst noch prickelnden Liaisons.

Nützlich wäre z.B. eine Verbindung ihres nicht übertrieben intelligenten Sohns Ferdinand mit der attraktiven Fürstenfavoritin Lady Milford. Jana Piechota (alternierend mit Kathrin Wirth) gewinnt hübsch tragisches Format als stolze Engländerin, die vor dem schlichten Bürgermädchen kapituliert. Die Luise von Negar Nasseri (alternierend mit Paula Sonnenschein) ist nämlich so entwaffnend reizlos und ehrlich, dass selbst ein schleimiger Wurm (Malte Müller) ihre Reinheit höchstens am Rand beschmutzt. Barbara Keusch gibt die aufstrebende Mama Miller und herrlich komisch den albernen Hofmarschall von Kalb.
Und dann muss die arme Luise wieder alle Gefühlsqualen erleiden bis zur vergifteten Limonade, die sie von ihrer Schweigepflicht erlöst und zumindest beim gemeinsamen Sterben mit ihrem Ferdinand ewig verbindet. Das rührt seit der Uraufführung des Stückes 1784 – Schiller war 24 Jahre jung – immer noch. Der hoffnungsvolle Nachwuchs präsentiert den unverwüstlichen Klassiker störungsfrei als perfekt konstruierte Sex-and-Crime-Story. Mundgerecht für die NRW-Abi­turienten 2014, die Kabale und Liebe als Prüfungsthema haben. Freundlicher Premierenbeifall für eine charmante Aufführung mit viel Herzblut.

Hinweis: Weil die Klassiker im Euro Theater derzeit beim jungen Publikum so gut ankommen, dass oft Zusatzvorstellungen nötig sind, muss aus ökonomischen Gründen die angekündigte Produktion Ein Pfund Fleisch nach Shakespeares Kaufmann von Venedig auf die nächste Saison verschoben werden. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 Stunden,
inkl. einer Pause
Die nächsten Termine:
9.01. / 10.01.14

weitere Infomationen

Dienstag, 25.02.2014

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