Peter Pan - kultur 102 - Januar 2014

Peter Pan in den Kammerspielen: Lustige Luftnummer

Beim Anblick von Tinkerbells grünem Kleid, dessen Ränder in allen Farben schillern können, möchte man fast wieder an Feen glauben. Was man bekanntlich auch muss in der wunderbaren Geschichte von Peter Pan. 1904 betrat der Junge, der nicht erwachsen werden wollte, in London zum ersten Mal die Bühne. Erfunden hatte ihn der schottische Schriftsteller James Matthew Barrie, der damit einen der bis heute beliebtesten Kinder-Klassiker schuf. Auch wenn die jungen Zuschauer den ewigen Kindskopf Peter Pan inzwischen eher aus Comics und Animationsfilmen kennen.
Daran knüpft Katja Wolffs witzige Inszenierung von Peter Pan (in einer Textfassung der Dramaturgin Nina Steinhilber mit Liedern von Carsten Gerlitz) an. Es ist eine effektvolle poppige Show mit viel Musik und allerhand Theaterzauber, bei der die Geschichte ein wenig in den Hintergrund rutscht. Dafür gibt es eine Menge lustiger Einfälle, die Kindern Spaß machen sollen und es meistens auch tun.
Es dauert zwar ein bisschen lange bis zum Abflug aus dem Kinderzimmer der Familie Darling, in das eines Abends Peter Pan auf der Suche nach seinem Schatten hereinflattert. Und gleich von Wendy so angehimmelt wird, dass Tinkerbell fast die Krise kriegt. Odine Johne gibt die manchmal recht zickige Fee, die bei Wendys Anflug auf Nimmerland für eine gefährliche Bruchlandung sorgt. „Was hat sie, das ich nicht hab?“ giftet die eifersüchtige Freundin des Kinderstars. Jonas Münthe als Peter Pan bemüht sich tapfer, so unerwachsen zu wirken, wie es seine Rolle vorschreibt. Was nicht ganz einfach ist, weil die aufgeweckte Wendy Darling (reizend: Maya Haddad) kein kleines Mädchen mehr ist und durchaus Ansätze von weiblichem Instinkt zeigt.
Soll sie ja auch, denn die verlorenen Jungs in Peters Inselreich brauchen dringend etwas mütterliche Fürsorge. Die schrille Rasselbande, die da in einer Riesenmuschel haust, wird verkörpert von Schauspielschülerinnen und ­
-schülern der Alanus Hochschule. Zu diesem Theaternachwuchs gehört auch Julian Lührs, der Wendys kleinen Bruder Michael spielt. Ziemlich groß für sein zartes Alter, aber immerhin noch in der Quengelphase und leicht ruhig zu stellen mit seinem geliebten Auto-Quartett. Der Junge kann wirklich noch ein Kindermädchen wie Nana brauchen. Als bellende Supernanny im Dalmatiner-Look mit Hang zum Flachmann ist Mackie Heilmann ein echter Schatz. Ihr Song „Ich bin pädagogisch wertvoll“ ist ebenso unwiderstehlich wie später ihr Auftritt als treudoofer, rundlicher Smee im Dienst des fiesen Käpt’n Hook.
Dieser Piratenboss sieht fast so aus wie Captain Jack Sparrow und macht eine richtig große Nummer aus seiner Erscheinung auf der Treppe des Raubseglers. Daniel Breitfelder kann zudem noch gut singen (Mikroports gehören inzwischen ohnehin zur Grundausstattung des deutschen Stadttheaters) und verhackstückt ein paar Musicalhits, bevor ein dampfendes Krokodilsmaul ihn samt eiserner Hakenhand verfrühstückt. Mit selbiger hat er sich aber filmreif geschlagen im furiosen Endkampf mit den jungen Nimmerländern. Beinahe wäre Wendy dem bösen Hook zum Opfer gefallen, aber im Notfall ist halt Verlass auf eine Anarchotruppe wie die von Peter Pan. Und auch auf Tinkerbell, die völlig zufrieden ist, wenn sie ihren Peterboy endlich für sich allein hat. Geht doch: Die Insel der ewigen Kindheit taugt nämlich nur für eine Zwischenlandung und ist in dieser poesiefreien Aufführung kein romantischer Sehnsuchtsort.
Außerdem hat Mrs. Darling (Lydia Stäubli) trotz aller Einwände von Mr. Darling (Daniel Breitfelder) das Fenster zum Kinderschlafzimmer weit offen gelassen, nachdem ihre beiden Sprösslinge davonflogen. Und so dreht sich die optisch opulente Bühne von Jan Freese und Heike Seidler wieder zurück auf Anfang. Angesichts der neuen Kinderschar wird es im Haus der Darlings zwar ziemlich eng, aber mit Nanas Hilfe wird die Erziehung schon klappen. Dass man in der Not zusammenhalten muss und nicht immer nur tun kann, worauf man gerade Lust hat, haben alle inzwischen begriffen.
Zumal der fabelhafte Pianist Marcus Schinkel (alternierend mit Florian Zeuch) alle musikalischen Piraterien sorgfältig über diverse Klippen steuert. Eine Augenweide sind die Kos­tüme von Heike Seidler. Die lustigen Figuren darf man sogar mit nach Hause nehmen. Dem liebevoll gestalteten Programmheft liegt nämlich ein Ausschneidebogen bei, aus dem man sich ein Quartettspiel basteln kann.
Zwischen Sternenstaub, kühnen Luftnummern und ein bisschen Klamauk trudelt die Aufführung nach kurzweiligen 90 Minuten munter ins Ziel und macht nicht nur Kindern Vergnügen. Peter Pan und Tinkerbell dürfen getrost für immer in ihrem kleinen Inselparadies bleiben. Man weint ihnen keine Träne nach, weil’s eine Menge zu lachen gibt mit den vielen Lieblingen auf der abenteuerlichen Kreuzfahrt ins luftig verspielte Familien-Theaterglück. E.E.-K.

Spieldauer ca. 1½ Stunden,
keine Pause
Die nächsten Termine: 25.12., 27.12., 30.12.13, 5.01., 10.01., 19.01., 26.01.,
23.02.14

Donnerstag, 30.01.2014

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