Bremer Stadtmusikanten - kultur 98 - Juli 2013

Bremer Stadtmusikanten im Theater Marabu: Mit Musik wird alles besser

„Ausgebrannt, angegraut, klapprig, nutzlos und zerschlissen, voll am Arsch“ hört sich an wie eine trotzige Hymne auf das neue Leben. Das alte brauchte sie nicht mehr. Aber bekanntlich findet man immer noch was Besseres als den Tod. Zumal sie wirklich tierisch musikalisch sind, diese Bremer Stadtmusikanten des Theater Marabu. Selbst einen vierstimmigen Kanon schaffen sie locker. Für ihre große Show hat Ausstatterin Regina Rösing sogar eine kleine Drehbühne besorgt. An der müssten sie noch ein wenig basteln, erklären die vier Schauspieler zu Beginn, machen sich mit Arbeitshandschuhen und allerhand Werkzeug an den Aufbau und laden gleichzeitig das Publikum ein zu ihrer spielerischen Erzählung des Grimmschen Märchens.
Der vielfach ausgezeichnete Regisseur Rüdiger Pape – seine Inszenierung Frau Meier, die Amsel mit den beiden Marabus Tina Jü­cker und Claus Overkamp erhielt 2011 den Kinder- und Jugend-Theaterpreis NRW – lässt das Quartett sehr menschlich agieren. Um Arbeit und die Angst vor dem Verlust des eigenen Marktwertes geht es schließlich in dieser Geschichte. Alle tragen ihre Tiermasken oben auf dem Kopf, so dass sie sich nach vorn beugen müssen, um ihr animalisches Gesicht zu zeigen und sich zu bewegen wie gedemütigte Wesen.
Die Drehbühne wird zum Mühlrad, in dem der alte Esel sich kaputt geschuftet hat, angetrieben von seinem Herrn, der immer mehr Leistung verlangt. Vor der Tür stünden schon hundert junge Esel, die den Job gern hätten. Hafer für alle ist bei den Mehlpreisen leider nicht mehr drin. Bis das keuchende Tier sich empört aufrichtet, seine Arbeitshandschuhe auszieht und kündigt. Ans Mikro stapft und einen „IA“-Beat hinlegt, bei dem jeder Tretmühlen-Besitzer ziemlich alt aussieht. Claus Overkamp spielt kraftvoll beweglich und mit klangvollem Bass den Gründer der legendären Musikantentruppe. Die zierliche Eva Horstmann ist der ausbeuterische Müller und dann der arme Hund, der von seinem Herrn mit dem zur Peitsche umfunktionierten Gürtel traktiert und davon gejagt wird. Walter Zick verkörpert den brutalen Kerl und muss widerwillig die Rolle der Katze übernehmen. Die ist ein echtes Schmusetier, zum Mäusefangen aber kaum noch tauglich. Es ist schon arg gemein, wie Tina Jücker als Katzenfreundin ihr unattraktiv gewordenes Streichelobjekt herzlos im Mühlenteich entsorgt. Glücklicherweise fischen Esel und Hund es im letzten Moment aus dem Strudel und erweitern damit ihr Duo um eine melodiöse Miau-Stimme, die recht gut passt zum Esels-Rhythm und Hunde-Blues. Zugegeben: Beim einst so stolzen und nun vom Suppentopf bedrohten Hahn hat das Trio kleine Probleme wegen seines eigenwilligen Hüpf- und Kräh-Stils und muss sich erst mal zur Beratung zurückziehen. Aber Tina Jücker überzeugt als talentierter Gockel auch die strengste Jury.
Dass die flotte Senioren-Viererbande allen Räubern gewachsen ist, beweist sie nachdrücklich. Obwohl da ein weltbekannter Kaffeemühlenräuber mit einem Robin Good konkurriert und ein Banktresor filmreif geknackt wird. Relativ harmlos ist das ehrliche diebische Handwerk freilich gegenüber dem modernen Businessgesindel, das aus allem Kapital schlägt. Bevor die messerscharfe Lehrstunde mit dem aus Äpfeln gewonnenen Mehrwert zum saftlosen Theater gerinnt, singen Esel, Hund, Katze und Hahn lieber noch was. Den fabelhaften Sound hat der musikalische Leiter Guido Preuß mit raffinierten Live-Loops abgemixt und so frisch arrangiert, dass es wie Procul Harum auf Bach-Choral-Raubzug klingt. Ziemlich abgefahren, aber ohrwurmverdächtig. Ob die flotte Rentner-Bande es bis Bremen geschafft hat, ist eigentlich egal. In Bonn wurden sie gefeiert wie echte Musical-Stars Ihre Botschaft ist eher schlicht, ihr spielerischer Witz jedoch köstlich. E.E.-K.

Spieldauer ca. 1 Stunde, keine Pause
empfohlen für Zuschauer ab 8 Jahren
Die nächsten Termine:
7.07./20.10.2013

Dienstag, 10.12.2013

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.



Letzte Aktualisierung: 28.03.2024 16:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn