Semmelnknödeln - kultur 41 - November 2007

Leibgericht - Semmelnknödeln von Karl Valentin in der Pathologie

Offenbachs CanCan eröffnet als Endlosschleife den Abend über den Orpheus aus der Münchner Unterwelt, der in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag gefeiert hätte. Heute: Semmelnknödeln und andere Schmankerln von Karl Valentin hat das „Theater Die Pathologie“ auf die Speisekarte gesetzt, wobei der Streit um den kulinarischen bayrischen Plural zu den küchenphilosophischen Gipfeln der kleinen Revue gehört, die Regisseur Chris­toph Pfeiffer aus Valentins Texten zusammengestellt hat.
Scheinwerfer werfen natürlich Scheine. Oder doch nur einen Schein? Und was passiert, wenn die Tänzerin kommt und der Scheinwerfer geht? Oder bleibt und nicht geht? Niemand hat die Sprache so komisch ernst genommen und die Vernunft zum Tanzen gebracht wie Karl Valentin (gesprochen bekanntlich mit V wie verrückt und nicht mit Wau wie ein Hund). Die weiße Silhouette des dürren Komikers hängt an der schwarzen Wand, ansonsten genügen ein Tisch und ein paar Stühle, um die berühmten Sketche lebendig werden zu lassen. Wobei die drei Darsteller - neben Christoph Pfeiffer noch Helga Bakowski und Maren Pfeiffer - glücklicherweise gar nicht erst versuchen, das unnachahmliche verbale und körperliche Idiom von Valentin und Liesl Karlstadt zu imitieren, sondern die künstliche Theatersituation im Licht eines „verreckten Scheinwerfers“ stets kenntlich halten. Der ist nämlich der rote Faden der Inszenierung, was völlig logisch zu tiefgründigen Reflexionen über die existenzielle Notwendigkeit von Kragenknöpfen und die absolute Überflüssigkeit von Uhrzeigern führt. Zu „Zwangsvorstellungen“ sowieso - Maren Pfeiffer verteidigt die angesichts des aktuellen Bildungsnotstands staatlich zu verordnende „Allgemeine Theaterbesuchspflicht“ überzeugend. Während Helga Bakowski herrlich grotesk den „Weltuntergang“ beschwört, bei dem die apokalyptischen Jungfrauen mit Semmelbröseln (ohne Plural-n in der Mitte!) vergoldet sind, die Luft wie Schweinssulz zittert und die Vesuve (!) Honig und Sauerkraut speien. Oder als Papagei „Lora“ stumm aus einem Drahtkäfig grinst, bis der Scheinwerfer sich für einen Dackel hält und geht.
Eine amüsante Hommage an den großen Komiker. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 1 Std., keine Pause
Im Programm bis: ????

Dienstag, 08.01.2008

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