Mc Ewan, Ian: Am Strand

kultur Nr. 43 - Januar 2008

Zwei Bücher – und ein Thema – weshalb ich sie Ihnen gleichzeitig vorstellen möchte. Scheinbar haben sie nichts miteinander zu tun. Im einen ist es ein altes Ehepaar (dreißig Jahre verheiratet), im anderen eines, das gerade getraut wurde und vor seiner Hochzeitsnacht in einem Hotel „am Strand“ angekommen ist. Die Gemeinsamkeit ist die Sprachlosigkeit, das Scheitern zweier Paare an der Unmöglichkeit, miteinander zu reden, sich zu öffnen, sich auszudrücken, einander zu vertrauen.
Die jungen Leute leben Anfang der sechziger Jahre, da sprach man nicht über sexuelle Dinge, als Junge ersehnte man sie, als Mädchen erahnte man sie kaum. Die Begegnung, die Erfüllung bringen soll, wird zum Schock, jedenfalls für die junge Frau, eine sensible Musikerin, der es absolut genügen würde, mit ihrem Mann, den sie doch liebt, Hand in Hand spazieren zu gehen. Aber ihm genügt das durchaus nicht, sie ist seine Frau, er will sie endlich „besitzen“. Sie flieht vor ihm an „den Strand“, wo er sie zwar einholt, aber nicht zurückholen kann.
Monika Maron erzählt eine Geschichte weiter, die sie in ihrem Buch Endmoränen begann. Der Mann Achim sitzt immer noch vor seiner Arbeit über Kleist und zeigt (fast) nur seinen Rücken, sie (Johanna) schreibt immer noch wenig erfolgreiche Biografien und möchte „zwischendurch“ leben und erleben. Und da taucht Iwan auf, ein smarter Russe, der eine Galerie hat und Johanna plötzlich wieder wissen lässt, dass sie eine Frau ist. Achim hat das ja schon vergessen, oder? Iwan hat eine Freundin, eine uralte russische Prinzessin, die nach Mexiko gereist ist, um eine ebenso uralte Freundin zu suchen, und die Johanna ruft, ihr dabei zu helfen. Johanna fliegt nach Mexiko, und damit endet das Buch, Achim bleibt zurück in der Mark und bei Kleist. Der Auslöser zu allem ist ein Hund, den Johanna ausgesetzt an einer Raststätte findet und mitnimmt – oder doch nicht – oder nur zufällig? Wie lange haben Achim und sie nicht mehr miteinander geschlafen, geredet, sich umarmt? Aber sie gehören doch zusammen, immer schon ... aber noch immer?
Das junge Paar trennt sich sofort, ohne einander wirklich gefunden zu haben, das ältere Paar... vielleicht müssen sie sich trennen, um einander wieder zu finden? Ist Sprachlosigkeit heilbar, und sind Worte zu finden, wenn man sie schmerzhaft suchen muss?
Zwei Bücher – ein Thema? Oder auch nur ein Anstoß zum Nachdenken?

Ach Glück
- Roman von Monika Maron,
S. Fischer Verlag, Juli 2007,
217 S.,
gebunden,
18,90 €.


Am Strand
- Roman von Ian McEwan,
Diogenes Verlag, August 2007,
208 S.,
gebunden,
18,90 €.

Mittwoch, 05.01.2011

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