Löhr, Robert: Das Erlkönig-Manöver

kultur Nr. 46 - April 2008

Auf keinen Fall möchte ich Ihnen mein Lieblingsbuch des Jahres 2007 vorenthalten, das Sie allerdings nur auf meiner persönlichen Bestseller-Liste finden werden. Das erste Buch des noch jungen Autors Robert Löhr, der in Berlin lebt und auch als Regisseur und Schauspieler arbeitet, hieß „Der Schachautomat“, wurde in 20 Sprachen übersetzt und war ein großer internationaler Erfolg.
Hier nun sein zweites Buch, das wahrscheinlich nicht international bekannt werden wird, weil es doch zu sehr der deutschen Klassik verhaftet ist. Sie ahnen es schon: Erlkönig – ja, und die Hauptfiguren sind niemand anderes als Goethe und Schiller. Also, es ist ein intellektueller Spaß und er beginnt so: Goethe wird vor den Herzog, seinen Herrn, zitiert, der ihn beauftragt, den in Mainz von den Franzosen gefangen gehaltenen französischen Thronfolger zu befreien und auf die Wartburg zu bringen, von wo er weiter nach Osten in Sicherheit gebracht werden soll, bis er alt genug ist, den Thron seiner Väter einzunehmen und Napoleon zu entmachten. Natürlich ist der wirkliche junge Louis seit zehn Jahren tot, aber das weiß man nicht genau, vielleicht lebt er ja doch noch und schmachtet dort in dem Turm in Mainz. Goethe macht sich auf den Weg, Schiller begleitet ihn begeistert, bewaffnet mit einer Armbrust, Alexander von Humboldt nehmen sie auch mit, weil der gut französisch spricht, in Frankfurt laden sie Bettina Brentano ein, die aber ihr Verlobter Achim von Arnim nicht allein ziehen lassen will, und unterwegs im wilden Walde, als sie in ihrer ersten Bedrouille stecken, taucht ein wilder junger Mann auf und rettet sie, er stellt sich vor als Heinrich von Kleist.
Natürlich befreien sie den vermeintlichen Louis, der sich ihnen erst als sie festsitzen im Kyffhäuser als nicht-echt outet, aber die vielen Abenteuer, die sie bis dahin und weiter bestehen müssen, kann ich nicht erzählen. Bitte selbst lesen und lachen und sich amüsieren über die Phantasie des Autors, über die uns als so ernsthaft vertrauten Dichterfürsten unserer Klassik, die hier manchmal in ihren eigenen Zitaten reden. Ein kluger Spaß, ein Buch, das unterhält und weitab ist von allen Problemen unserer Zeit und der Menschen, die ja damals auch nicht anders waren als wir. Naja, ein wenig Eifersucht ist schon da seitens Achims, wenn die Bettina den alten Goethe anschmachtet, oder Goethe absolut keine Zeit findet, das Manuskript über den zerbrochenen Krug zu lesen, oder Schiller krank wird und leidet. Er macht aus dem Abenteuer schließlich natürlich ein Drama, das er „Demetrius“ nennt, das unvollendet bleibt, aber das wissen wir ja alles, denn es ist die reine Wahrheit...

Das Erlkönig-Manöver
- Historischer Roman von Robert Löhr,
Piper, August 2007,
362 S., gebunden,
19,90 €.

Mittwoch, 05.01.2011

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