Oliver Ewy - kultur 96 - Mai 2013

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Oliver Ewy: Peer Gynt, Das fliegende Klassenzimmer und Zeit für Helden

„... wer seinen Träumen nicht mehr glaubt, gibt nicht nur die Hoffnung auf, sondern auch den Glauben an sich selbst“, lautet das Motto des jungen Schauspielers Oliver Ewy. Im Jungen Theater Bonn ist er derzeit als spießiger Primaner „Der schöne Theodor“ zu erleben in Kästners Das fliegende Klassenzimmer. „Es ist einfach hinreißend komisch, wie er mit strengem Blick durch den Raum tänzelt, die ‚Kleinen‘ stramm stehen lässt und sich zum Ordnungshüter aufspielt“, schrieb kultur nach der Premiere im Herbst 2012.
Schon im Kindergarten hat der 1992 in Bonn geborene Oliver Ewy alles gemocht, was irgendwie mit Schauspiel zu tun hatte. „Theater, Musik, Spiel – alle darstellenden Formen machten mir Spaß.“ Bereits in der Grundschule wirkte Oliver in verschiedenen Musical-Aufführungen mit. Als Gymnasiast stieß er dann eher zufällig auf den Jugendclub am Theater Bonn unter der Leitung der Theaterpädagogin Yvonne Schwartz und bewarb sich für die nächste Produktion. Es war ein echtes Casting. Ungefähr 50 Mitbewerber nahmen an den beiden Workshop-Wochenenden im Lampenlager teil. „Ich hatte kaum zu hoffen gewagt, dass ich zu den neun Ausgewählten gehören und als jüngster in der Truppe gleich eine große Rolle bekommen würde“. In dem Stück Verschwunden(e) des Franzosen Frédéric Sonntag spielte er in der eisigen Operntiefgarage 2009 den kleinen Fiesling Vincent und überzeugte als „zappeliger Miniterrorist“. 2010 wurde er erneut engagiert für die Produktion Sweet Little Sixty des Jugendclubs in Zusammenarbeit mit dem Erinnerungstheater, der Ü60-Truppe am Theater Bonn. In der Generationen übergreifenden Revue (Regie: Yvonne Schwartz, musikalische Leitung: Michael Barfuß) gab Oliver einen amüsanten Elvis.
Dass er singen kann, hatte er damals längst bewiesen. 2009 gewann er mit seiner Band den Ersten Preis beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ in der Kategorie Deutsch-Rock-Pop und wurde im selben Jahr als Gesangssolist in der KiKa-TV-Show als „Beste Stimme“ ausgezeichnet. Doch für das Musizieren (Instrumente: Klavier und Gitarre) hat er nicht mehr viel Zeit, weil er als Schauspieler inzwischen recht gefragt ist und viel unterwegs ist.
Dr. Thea Kämpgen, von Anfang an eine der Säulen des inzwischen als selbstständiger Verein agierenden Erinnerungstheaters, schlug Oliver für die Rolle des „Jungen Herrn“ in der Produktion Drei Reigen nach Arthur Schnitzler vor und spielte mit ihm eine unvergesslich alle Altersdifferenzen überspringende großmütterlich sensible Liebesszene. Das war 2011 kurz vor Olivers Abitur. In Simona Furlanis Regie spielte Oliver 2012 beim Erinnerungstheater als Gast auch den jungen Revolutionär Moritz Jäger in Hauptmanns Die Weber.
Seit 2010 arbeitet er zudem am Jungen Theater Bonn. Dort übernahm er in Moritz Seiberts Inszenierung von Krabat die Rolle des verteufelten Meisterschülers Lyschko. „Ich hatte bei meiner Bewerbung nicht damit gerechnet, gleich engagiert zu werden. Die Konkurrenz war groß, die Arbeit am JTB ist sehr professionell. Gegenüber dem Jugendclub war das noch mal ein Sprung nach vorn. Besonders toll ist es, mit dem ganzen Ensemble auf Gastspielreisen quer durch Deutschland zu gehen.“
Sein musikalisches Talent pflegte er weiter in der Jugendoper am Theater Bonn. In der Regie von Jens Kerbel sprang er 2012 ein als Astronaut in Eloise und bekam im selben Jahr die Titelrolle in Peer Gynt. „Ich musste für diese Produktion wirklich viel an meiner Stimme arbeiten. Eigentlich bin ich Bass, aber die Partie liegt höher und ist gesanglich nicht einfach. Sehr spannend war neben der Arbeit mit Ekaterina Klewitz (Musikalische Leitung) auch die Arbeit mit dem Orchester. Die Lebensreise dieses Träumers zu spielen, war für mich jedoch geradezu die Erfüllung eines Traums“.
Alle Vorstellungen in der wunderbaren Inszenierung von Jens Kerbel konnte er nicht singen, weil er im Sommer 2012 zwischen Bonn und Mailand pendelte. Der Schweizer Filmemacher Xavier Koller – 1991 erhielt er für Reise der Hoffnung den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film – hatte Oliver entdeckt und engagierte ihn für seinen neuen Film Die schwarzen Brüder nach dem Jugendbuch von Lisa Tetzner. Es geht in diesem 1940/41 erschienenen Roman um einen kleinen Tessiner Jungen, der als Kaminfeger-Bub nach Mailand verkauft wird. Dort schließt er sich einer Gruppe von ­Schick­salsgenossen an, den „Schwarzen Brüdern“. Oliver verkörpert deren Anführer Alfredo. „Gleich am ersten Drehtag mit Moritz Bleibtreu vor der Kamera zu stehen, war echt aufregend“, sagt Oliver. Der Film soll im Herbst dieses Jahres in die deutschen Kinos kommen.
Genau am 31.12.2012 feierte Oliver als kleines Jubiläum seine 100. Theatervorstellung auf den Bühnen der Bundesstadt Bonn bzw. am Jungen Theater Bonn. Trotz seiner vielen Theaterverpflichtungen ist ihm die Nachwuchsförderung sehr wichtig. Aus diesem Grund besucht er häufig Schulen und gibt sein Wissen gern an Jüngere weiter. In einer 7. Klasse aus Siegen, die in Bonn eine Aufführung von Krabat besucht hatte, gab er daher einen ganztägigen Schauspiel-Work­shop. In den Sommerferien leitet Oliver seit zwei Jahren Theater-Workshops beim Münchener Ferienprogramm LILALU. „Zuletzt hatte ich eine Gruppe von 20 ADHS-Kindern. Es ist wichtig, ihnen zu vermitteln, dass jeder etwas kann. Es macht großen Spaß, drei Wochen mit ihnen im Camp zu sein und spielerisch viel zu erarbeiten. Man geht da mit einem lachenden Auge rein und kommt mit einem ganz anderen Lachen wieder raus.“ In der theaterspielfreien Zeit zwischen Juli und September lohnt sich der Besuch in München ohnehin immer, um sich mit Schauspielkollegen auszutauschen oder Agenturen zu besuchen. „Auch wenn man relativ gut im Geschäft ist, muss man sich als freier Schauspieler ständig bewerben und vorsprechen.“
Weil er bisher ziemlich viel Glück hatte, möchte er es mit anderen teilen. Deshalb hat er sein soziales Projekt Zeit für Helden gegründet und stiftet dafür regelmäßig 20% seiner Gagen. 2012 z.B. hat er 40 Trikots für die Kinder-/Jugend-Fußballmannschaften des BSC finanziert und besucht die jungen Sport-Talente häufig bei deren Training. In diesem Jahr engagiert er sich zusammen mit der Bonner „Don Bosco Mission“ für Straßenkinder in Indien. Im Sommer wird er nach Mumbai fliegen, um die auf der Straße lebenden Kinder zu besuchen. Engagement und ein gutes Miteinander liegen ihm am Herzen, obwohl er sehr realistisch denkt und nicht gleich eine Vorbildrolle übernehmen will. Passt auch nicht zu seinem unaufdringlichen Kommunikationsstil und seiner selbstbewussten Intelligenz. Verraten dürfen wir allerdings jetzt schon, dass Oliver für das Schultheater-Festival spotlights 2013 der Jungen Theatergemeinde BONN einen Preis stiften wird.

Dienstag, 12.11.2013

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