Maria Munkert - kultur 41 - 11/2007

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Maria Munkert - Emilia, Checca und die junge Hannah Arendt

In Sonia Mushkat der israelischen Autorin Savyon Liebrecht spielte sie die Titelrolle, das fremde junge Dienstmädchen, das im Keller einer ungarischen Villa die Lebenslügen einer reichen jüdischen Familie aufdeckt. Gerade kommt Maria Munkert von der ersten Bühnenprobe zu Liebrechts neuem Stück Die Banalität der Liebe (s. auch Seite 4), das am 10. Oktober in den Kammerspielen uraufgeführt wird. „Wir haben uns sehr intensiv mit den beiden historischen Figuren Hannah Arendt und Martin Heidegger und ihren Werken beschäftigt. Es ist unglaublich spannend, in die Rolle eines Menschen zu schlüpfen, der tatsächlich existierte, sehr viel geschrieben und sich aktiv engagiert hat. Außerdem ist Liebrechts Drama ein kluger Versuch, Israel mit diesen beiden Menschen zu versöhnen.“ Maria spielt die jüdische Philosophiestudentin Hannah, die mit 18 Jahren ein Liebesverhältnis mit ihrem fast doppelt so alten akademischen Lehrer Martin Heidegger beginnt, das in eine lebenslange Freundschaft mündet. „Es muss in dieser Liebe mit all ihren manchmal erschreckend banalen Heimlichkeiten und mühsam geistreichen Überhöhungen des unmittelbaren Begehrens doch eine tiefere seelische Nähe und Gedankenpartnerschaft gegeben haben, die sich auch in den Werken der beiden niederschlug. Und trotz aller unüber­brückbaren Unterschiede der Lebenswege dieser beiden einflussreichen Denker schließlich Bestand hatte. Ein biss­chen vertraut ist mir diese merkwürdige generationsübergreifende Gefühls- und Denknähe aus meinem eigenen Leben, denn mein Vater ist fast drei Jahrzehnte älter als meine Mutter, die bei ihm studierte.“
Geboren wurde Maria Munkert 1981 in Stuttgart. Ihr Vater ist der berühmte Künstler K.R.H. Sonderborg (*1923), der als Professor an der Stuttgarter Kunstakademie lehrte, ihre Mutter ist ebenfalls Malerin. „Mit der bildenden Kunst bin ich aufgewachsen, merkte aber bald, dass ich meine Ausdrucksmöglichkeiten eher auf der Bühne finden könnte.“ Maria besuchte eine freie Waldorfschule und entdeckt beim Klassenspiel ihre Liebe zum Schauspiel und zum „in Kontakt treten mit dem Publikum“. In der 8. Klasse spielte sie in Shakespeares Komödie der Irrungen den Zwillingssklaven Dromio, lernte später als Jahresarbeit die Monologe aus Schillers Jungfrau von Orleans und verkörperte in der 12. Klasse die Braut in Lorcas Bluthochzeit. Nach dem Abitur machte sie mehrere Praktika am Staatstheater Stuttgart (u. a. bei der Regisseurin Jacqueline Kornmüller) und jobbte nebenbei zum Geldverdienen als Kellnerin - „Man lernt da, Leute zu beobachten. Hart, aber für den Beruf nicht schlecht.“ Sie bewarb sich an mehreren Schauspielschulen und bekam sofort einen der begehrten Studienplätze an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in ihrer Heimatstadt. „Eigentlich wollte ich weiter weg, bin aber inzwischen sehr froh über die tolle Ausbildung in Stuttgart.“ Als ihren wichtigsten akademischen Lehrer und künstlerischen Mentor nennt sie den durchaus umstrittenen Michael Huthmann, der 1999 dort den Lehrstuhl für Theorie des Theaters übernahm.
Als Studentin spielte sie die Julie in Igor Bauersimas Erfolgsstück Norway Today, den Mephistopheles in Marlowes Doktor Faustus (eine Koproduktion mit den Stuttgarter Figu­rentheater-Schülern), gastierte am Düsseldorfer Schauspielhaus in der Uraufführung von Fernweh Dromomania (für die Stuttgarter Studenten geschrieben von der moldawischen Nachwuchsautorin Nicoletta Isonescu) und glänzte in Tankred Dorsts Merlin. Mit dieser Aufführung wurde ihre Klasse zum Schauspielschultreffen in München eingeladen und erhielt einen Ensemblepreis. Für ihre Einzelleistung als Königin Ginevra und in den beiden Männerrollen Sir Beauface und ­Seagramur bekam Maria den Förderpreis des Bundes für Schauspielstudierende. „Mir gefiel besonders der junge Beauface, der nach einem Blick in sein Spiegelbild plötzlich sehr alt wird, eine Mischung aus Narziss und Dorian Gray. Ich spiele gern Figuren, die zwischen den Geschlechtern changieren.“
Wie den Ariel in Shakespeares Sturm, mit dem sie am Ende der Spielzeit 2005/06 ihren Einstand in Bonn gab. Tanja von Oertzen, Mitglied des Bonner Schauspielensembles und Gastdozentin in Stuttgart, hatte mit Maria die Antigone von Sophokles in der Hölderlin-Übersetzung erarbeitet und schlug ihre begabte Schülerin für Stefan Ottenis Inszenierung vor. „Dass ich bereits in meinem dritten Studienjahr meinen ersten Stück-Vertrag in Bonn bekam, hat mich glück­lich und ein biss­chen stolz gemacht.“ Kurz nach ihrem Ariel an der Seite von Tanja von Oertzen als Prospero bestand Maria ihre Diplomprüfung in Stuttgart. Seit Beginn der Spielzeit 2006/07 ist sie festes Mitglied des Bonner Schauspielensembles. Ihre zweite große Rolle in Bonn war die knabenhaft kühne und in ihrer mädchenhaften Liebe sehr verletzliche Agnes in Kleists Die Familie Schroffenstein in der strengen, klaren Inszenierung von Ingo Berk. Tanja spielte ihre Mutter Gertrude. „Kleist ist einer meiner Lieblingsautoren“, sagt Maria. „In seiner wunderbaren Sprache steckt viel Dunk­les, auf dessen Erforschung man sich einlassen muss; deshalb war ich auch froh, dass Ingos Arbeit sich so stark auf den Text konzentrierte.“
Die Titelrolle von Lessings Emilia Galotti hat sie übernommen, weil ihre Kollegin Nina Weiß derzeit im Mutterschaftsurlaub ist: „Ich spiele das gern, obgleich ich hier ja nur in eine bereits fertige Inszenierung eingesprungen bin.“ Als kecke junge Checca in David Mouchtar-Samorais Inszenierung von Goldonis Krach in Chiozza ist sie zudem in den Kammerspielen zu sehen. „Meine erste richtig große Komödienrolle; die Arbeit mit dem Ensemble und dem herrlich verrückten Text hat großen Spaß gemacht. David erfindet tolle Bilder, die er mit einem choreographischen Augenzwinkern auf die Bühne bringt, bei dem ich viel gelernt habe.“ Als nächstes steht die junge Hannah Arendt auf ihrem Programm. „Der Regisseur Stefan Heiseke war der erste Mensch, den ich hier in Bonn näher kennenlernte. Er war Regieassistent bei allen Bonner Inszenierungen, in denen ich bisher mitwirkte.“
Was sie bald gern mal spielen möchte? „Am liebsten was für Kinder, weil die als Zuschauer so direkt und unbestechlich sind. In dieser Saison ist das leider nicht möglich, aber ich bin mit meinen beiden jüngeren Geschwistern immer wahnsinnig gern in Kindervorstellungen gegangen.“

Dienstag, 25.02.2014

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