Walton, William (1902 - 1983)

kultur 83 - Februar 2012

„Wenn überhaupt, dann würde ich sagen, daß ich ein klassischer Komponist bin mit einem starken Gefühl für das Lyrische.“ So äußerte sich William Walton einmal über seinen persönlichen Stil.
Der Komponist wurde in Oldham in der Grafschaft Lan­cashire als Sohn der Sängerin Louisa, geb. Turner, und des Kirchenmusikers und Gesangslehrers Charles Walton geboren. Sein Vater erteilte ihm den ersten Musikunterricht. Mit zehn Jahren erhielt er ein Stipendium als Chorknabe der Christ Church Cathedral in Oxford. Sein kompositorisches Talent wurde dort vor allem durch den Dekan des zugehörigen Colleges, Thomas Strong, gefördert. Die ersten Werke waren Lieder, Chöre und Orgelwerke. Walton erhielt privaten Unterricht bei Edward Dent und Ernest Ansermet, bildete sich musikalisch jedoch weitgehend autodidaktisch aus. Ein weiteres Stipendium ermöglichte ihm das Studium am College (1918 – 20), das er jedoch ohne Abschluss verließ.
In Oxford lernte Walton die Geschwister Edith, Osbert und Sacheverell Sitwell kennen. Mit ihnen wohnte er in London zehn Jahre zusammen. Die literaturkundigen Sitwells versammelten einen großen Kreis von Künstlern um sich und engagierten sich für die Publikation antibürgerlicher Autoren. „Die Sitwells entwickelten meine Einstellung zu beinahe allem, aber besonders zur Kunst und zur Literatur, selbst zur Musik“, sagte Walton später. Auf der Grundlage von Gedichten Edith Sitwells entstand Waltons Komposition Façade für Sprecher und Instrumentalisten. Die Uraufführung 1923 in der Londoner Aeolian Hall sorgte für einen kleinen Skandal, da die Musik extravagant und der Text provozierend erschienen.
Mit Orchesterwerken wie Siesta und der Sinfonia Concertante erlangte Walton bald einige Berühmtheit. Der Solist Lionel Tertis erteilte ihm den Auftrag zu einem Bratschenkonzert. Den Solopart dieses 1929 uraufgeführten Konzertes spielte der mit dem Komponisten befreundete Paul Hindemith.
Das Chorwerk Belshazzar’s Feast (1930/31) für Bariton, Doppelchor und großes Orchester nach einem Text von Osbert Sitwell fes­tigte Waltons Ruf als Komponist. Nach Edward Elgars The Dream of Gerontius wurde dieses Werk zu einem der bedeutendsten Chorwerke des vergangenen Jahrhunderts.
Seine größten Erfolge feierte Walton in den dreißiger und vierziger Jahren, unter anderem mit der Uraufführung seiner 1. Sinfonie (1935). Die Presse sprach damals von einem „historischen Abend der britischen Musik“. Walton setzte in dieser Komposition auf scharfe Kontraste zwischen den Themen und eine kraftvolle Rhythmik sowie die besondere Wirkung großer Intervallsprünge.
Für das englische Königshaus entstand u.a. 1937 der Krönungsmarsch für Edward VIII. Die Uraufführung des für Jascha Heifetz komponierten Violinkonzerts erfolgte 1939 in Cleveland (Ohio).
In den Jahren des Zweiten Weltkriegs schrieb Walton hauptsächlich Musik für Filme. In Zusammenarbeit mit dem Schauspieler und Regisseur Laurence Olivier entstand eine Reihe von Filmklassikern wie Henry V., Hamlet und Richard III. Walton schrieb noch bis in die siebziger Jahre Musik für das Kino.
Zwischen 1947 und 1954 komponierte er seine erste Oper Troilus und Cressida, die sich auf Dauer jedoch nicht in den Spielplänen halten konnte. 1956 entstand das Cellokonzert für den Solisten Gregor Piatigorsky. Ebenfalls in den sechziger Jahren schrieb Walton auf Anfrage des Sängers Peter Pears noch ein Werk für die Bühne: Zum 20. Aldeburgh Festival, das Pears und Benjamin Britten jährlich veranstalteten, erklang 1967 der Einakter The Bear von Tschechow als Kammeroper. Der große Erfolg dieses Werkes überraschte den Komponisten, da ihm die Presse in den Jahren zuvor öfters „Konservativismus“ vorgeworfen hatte.
1962 entstand ein Liederzyklus für die Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf. Zu seinen letzten bedeutenden Orchesterwerken gehören Variations on a Theme by Hindemith und Improvisation on an Impromptu by Benjamin Britten (s.u.).
Walton, der sich in seinen letzten Lebensjahren mehr und mehr vom öffentlichen Musikleben ferngehalten hatte, starb in Forio auf Ischia, wo er seit 1949 mit seiner Frau, der Argentinierin Susana Gil Passo wohnte.
Waltons musikalische Sprache spart Techniken der Avantgarde überwiegend aus. Sie konzentriert sich darauf, traditionelle Formen und Gattungen mit einem zeitgemäßen Gestus zu verbinden, der Extreme meidet. Dadurch erzielten seine Kompositionen eine ausgesprochene Breitenwirkung: Walton avancierte zu Lebzeiten zu einem der meistgespielten und angesehensten Komponisten in seinem Heimatland. Durch seine Krönungsmärsche und das Coronation Te Deum wurde Walton zum Repräsentativkomponisten Großbritanniens überhaupt.
Die öffentliche Ehrung seiner Person erfolgte durch Auszeichnungen wie dem Ehrendoktor der Universität Durham, dem Ritterschlag und der Aufnahme in den Order of Merit. E.H.


Hörtipps:
- Walton conducts Walton, Symphony No. 1, Belshazzar’s Feast, Violin Concerto, Viola Concerto, Partita for Orchestra, Donald Bell, Yehudi Menuhin, Philharmonic Chorus and Orchestra, Sir William Walton, EMI.
- Cello Concerto, Coronation Te Deum, The Twelve Variations on a Theme by Hindemith, Excerpts from Façade Suites, Pierre Fournier, Royal Philharmonic Orchestra, London Philharmonic Orchestra, BBC Symphony Orchestra, Sir William Walton, BBC.

Donnerstag, 12.09.2013

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