Verdi, Giuseppe (1813 - 1901)

aus kultur Nr. 38 - 6/2007

Giuseppe Francesco Fortunino, benannt nach seinem Großvater väterlicherseits, wurde in Le Roncole, einem Dorf in der Poebene nördlich von Parma geboren. Seine Eltern Carlo Verdi und Luigia Uttini führten ein kleines Wirtshaus, in dem man auch Lebensmittel kaufen konnte. Schon früh half Peppino im Betrieb seiner Eltern. Vom Dorfschullehrer lernte der Vierjährige lesen und schreiben und erhielt den ersten Orgelunterricht, da er sich besonders für Musik interessierte. Der Beruf für Verdi stand bald fest: Er sollte einmal Organist in Le Roncole werden. Für den Siebenjährigen schaffte der Vater ein gebrauchtes Spinett an (s.u.), das er sein Leben lang behielt. Mit 10 Jahren wurde Giuseppe auf das Gymnasium im benachbarten Busseto geschickt, mit 12 übernahm er die Orgelstelle in Le Roncole. In der Musikschule Ferdinando Provesis erhielt er im gleichen Jahr Unterricht in Harmonielehre und Komposition und wurde schnell Provesis bester Schüler. 1827 schloß Verdi seine Schulausbildung mit Auszeichnung ab und konnte sich nun ganz der Musik widmen; es entstanden zahlreiche erste Kompositionen, unter ihnen eine Ouvertüre zu Rossinis "Barbier von Sevilla".
Antonio Barezzi, der Präsident der philharmonischen Gesellschaft von Busseto, nahm Verdi 1831 in sein Haus auf. Dieser Großhandelskaufmann, der selber mehrere Blasinstrumente spielte, wurde damals Verdis wichtigster Förderer und darüber hinaus guter Freund und Schwiegervater. Auf dessen und Provesis Drängen nahm Verdi an der Aufnahmeprüfung für ein Studium am Mailänder Konservatorium teil, die er jedoch nicht bestand. (Deshalb empörte sich Verdi viele Jahre später darüber, dass das Konservatorium nach im benannt werden sollte.) Er nahm daraufhin in Mailand Privatunterricht bei Vincenzo Lavigna, der ihm ein hervorragendes Abschlusszeugnis ausstellte.
1836 gewann Verdi den Wettbewerb, der für den Posten des städtischen Musikdirektors in Busseto ausgeschrieben wurde.
Zwei Monate nach seinem Stellenantritt heiratete Verdi die Tochter Barezzis, Margherita, mit der er zwei Kinder hatte, die beide jedoch bereits ein Jahr nach ihrer Geburt starben. Auch seine Ehefrau verlor er vier Jahre nach der Hochzeit.
Auch wenn Verdi hart arbeitete, sah er in der Provinz keine Möglichkeit, vorwärts zu kommen. So zog er 1839 mit seiner Familie nach Mailand und hoffte auf die Aufführung seiner ersten Oper "Oberto, conte di San Bonifacio", die tatsächlich noch im gleichen Jahr an der Scala stattfand. Der Impresario der Mailänder Scala, Bartolomeo Merelli, schloss mit Verdi daraufhin einen Vertrag für drei weitere Opern ab. Seinen Durchbruch feierte Verdi schließlich mit der Aufführung seiner dritten Oper, "Nabucco", im Jahre 1842. Vor allem die großen Chorszenen in diesem Werk feierte man begeistert als etwas Neues. Bis ins Jahr 1850 komponierte Verdi weitere 13 Opern; pro Jahr hatte mindestens ein Bühnenwerk Premiere. Bestimmend für die Dramaturgie in seinen frühen Opern ist das Prinzip der Reihung von Nummern, die möglichst abwechslungsreich sein sollten.
Die Entwicklung zum Operndrama, in dem die Musik eine übergreifende Einheit bildet und das Orchester zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist besonders gut im "Rigoletto" zu beobachten. Die Aufführung dieser Oper im Jahre 1851 war Verdis nachhaltigster Erfolg. Rigoletto zählte seitdem auch zum Repertoire ausländischer Opernhäuser. Zum Inbegriff der italienischen Oper wurde "Il Trovatore" (1853). Mit seinen wirkungsvollen Belcanto-Nummern und Unisono-Chören ist diese Oper auch heute noch eines der populärsten Werke Verdis. In der 1887 uraufgeführten Oper "Otello", Verdis vorletztem Bühnenwerk, ist vor allem die Mehrschichtigkeit des dargestellten Geschehens sowie das Verfahren, die einzelnen Szenen nahtlos miteinander zu verbinden, bemerkenswert.
Für Verdi war der „effetto“, die Bühnenwirksamkeit, ausschlaggebend, die nicht ohne die „varietà“, die Mannigfaltigkeit und Abwechslung zu verwirklichen war. Seine Librettisten drängte Verdi zu möglichster Kürze und Prägnanz; dazu war die „parole scenica“, das bühnenwirksame Wort, das eine Situation schlagartig charakterisiert, erforderlich.
Unter den zahlreichen Angeboten, eine Oper zu komponieren, erhielt Verdi auch eines vom Kaiserlichen Theater aus St. Petersburg, für das 1862 "La forza del destino" entstand. Für das neu erbaute Theater in Kairo komponierte Verdi seine Oper "Aida" (1871). Mit seinem letzten Werk "Falstaff" (1893) verabschiedete sich der Komponist im hohen Alter von 80 Jahren von der Bühne.
Insgesamt komponierte Verdi 28 Opern, einige geistliche Werke, von denen das berühmteste die "Messa da Requiem" ist (1874 zum Gedenken an den Todestag Mazonis), wenige Vokalwerke und ein Streichquartett.
Verdi arbeitete sein Leben lang hart und komponierte oftmals unter einem enormen Zeitdruck. Dies trug zu einer häufigen Unzufriedenheit bei; der Komponist mokierte sich gelegentlich selbst über seine „Verschrobenheiten, Launen“ und „Missstimmungen“, die „bisweilen unerträglich“ wurden. Magenbeschwerden, Bronchitis und Rheumaanfälle leisteten dazu ihren Beitrag.
Bereits 1842 legte Verdi sein verdientes Geld in Landbesitz an und erwarb den Palazzo Cavalli ganz in der Nähe von Barezzis Haus. Als der Komponist 1851 mit der Sängerin Giuseppina Strepponi, die acht Jahre später seine Frau wurde, nach Sant' Agata zog, kamen seine Leidenschaft für das Leben auf dem Land und seine vielfältigen Talente zur Entfaltung: Nach und nach entstand aus einem einfachen Bauernhaus ein elegantes Landhaus. Verdi lernte von seinen Handwerkern und übernahm bei den zahlreichen Baumaßnahmen die Aufgaben des Architekten. Der Komponist eignete sich auch spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet des Acker- und Weinbaus an, erprobte neue Weizen- und Traubensorten und kannte sich bald in der Rinder- und Pferdezucht aus. Nicht nur die Bauern vergötterten den Komponisten. Verdis breitkrempiger Hut wurde zu seinem Markenzeichen, an dem man ihn schon von weitem erkannte.
Verdi ließ an seinem Reichtum immer wieder bedürftige Menschen teilhaben. In seinem Wirkungskreis verschaffte er durch vielfältige Projekte zahlreichen Menschen Arbeit. In seinem Todesjahr, bei der Überführung seines Sarges in die Kapelle der „Casa di riposo“ in Mailand, einem von ihm gebauten Altersheim für mittellose Musiker, nahmen über 300.000 Menschen Abschied von dem großen italienischen Musiker. E.H.

Zum Nachlesen:
Barbara Meier, Giuseppe Verdi, Rowohlt.
Christoph Schwandt, Verdi, Insel.

Zum Nachhören:
Verdi, Aida, Domingo, Caballé, Roho, Muti, EMI.
-, Macbeth, Milnes, Cossotto, Carreras, Muti, EMI.
-, Otello, Studer, Domingo, Chung, Oob, Deutsche Grammophon.
-, Messa da Requiem, Leonard Bernstein, Lso, Sony.

Mittwoch, 05.01.2011

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