Vaughan Williams, Ralph (1872 - 1958)

kultur Nr. 25 - März 2006

Der in Down Ampney/Gloucestershire geborene englische Komponist Ralph Vaughan Williams wuchs bedingt durch den frühen Tod seines Vaters in Leith Hill Place/Surrey auf. Von seiner Tante erhielt er den ersten Musikunterricht und begann bereits als Kind zu komponieren. In den neunziger Jahren studierte er sowohl bei Hubert Parry als auch Charles V. Stanford am Londoner Royal College of Music und bei Charles Wood am Trinity College in Cambridge. Während dieser Zeit lernte er auch den englischen Komponisten Gustav Holst (1874-1934) kennen, mit dem ihn zeit seines Lebens eine tiefe Freundschaft verband. Als sich Vaughan Williams 1897 in Berlin aufhielt, nahm er zusätzlich Unterrichtstunden bei Max Bruch, der ihm seine Anerkennung aussprach und ihn darin ermutigte, seinen eingeschlagenen Weg zu verfolgen. Vaughan Williams fand nur zögernd zu seinem unverwechselbaren Personalstil und war sich seiner Berufung lange Zeit nicht sicher. Seinen Kompositionen stand er stets sehr kritisch gegenüber - einen Großteil seiner frühen Werke vernichtete er und viele seiner veröffentlichten Werke überarbeitete er immer wieder. Im Jahre 1908 nahm er nochmals Unterricht bei Maurice Ravel in Paris, der ihm den Rat "komplex, aber nicht kompliziert" mit auf den Weg gegeben haben soll.
Einen großen Einfluß auf Vaughan Williams’ Musiksprache hatte seine intensive Beschäftigung mit dem Sammeln und Veröffentlichen englischen Volksliedgutes (insgesamt über 800 Lieder bzw. Varianten). Auch sein Interesse für die frühe englische Musik, etwa von Henry Purcell, spielte für die Entwicklung seines Kompositionsstils eine gewisse Rolle.
Vaughan Williams’ Ruhm begründeten die Uraufführungen der "Fantasia on a Theme by Thomas Tallis" für zwei Streichorchester und Streichquartett und des Werkes "A Sea Symhony" für Soli, Chor und Orchester auf Texte von Walt Whitman im Jahre 1910. Am bekanntesten wurden seine insgesamt neun Sinfonien; die populärste ist "A London Symphony" aus dem Jahre 1914, in der Vaughan Williams das Glockenspiel von Big Ben sowie Verkehrsgeräusche mitkomponierte.
Unter dem Eindruck des ersten Weltkrieges, in dem Vaughan Williams als Freiwilliger in der englischen Armee diente, entstanden die "Pastoral Symphony", die Suite "Flos Campi" sowie die g-moll-Messe für Chor a cappella. Ab dem Jahre 1940 schrieb Vaughan Williams auch Musik zu Filmen; am bekanntesten wurde seine Filmmusik zur tragischen Südpolexpedition Scotts "Scott of the Antartic" (1947). Diese Komposition bildete später die Grundlage für seine siebte Sinfonie, die "Sinfonia antartica" aus dem Jahre 1953. Neben Chormusik und Liedern entstanden auch vier Instrumentalkonzerte (für Klavier, Violine, Oboe und Tuba), Kammermusik, Orgelwerke, Opern und Ballette.
Vaughan Williams war einer der führenden Komponisten seiner Heimat; als Dirigent hatte er einen großen Einfluss auf die englische Musiköffentlichkeit. Seinen Mitmenschen begegnete er mit einer großen Einfachheit und Offenheit. Vaughan Williams gilt als Bewahrer nationaler Musiktraditionen. Er vertrat die Überzeugung, dass Größe und Eigenständigkeit als Komponist nur durch Rückbesinnung auf die musikalischen Traditionen möglich sei. Den Neuerungen innerhalb der Zwölftonmusik stand er demzufolge skeptisch gegenüber. Hochgeehrt wurde Vaughan Williams 1958 in Westminster Abbey beigesetzt. E.H.

Zum Nachlesen:
Michael Jameson: Ralph Vaughan Williams. An Essential Guide to his Life and Works. Pavilion Books, London 1997.

Zum Nachhören:
Vaughan Williams, Orchestral Works, Marriner, Boult, Wordsworth, Decca.
-, Sinfonische Werke, Chandos.
Elgar, Vaughan Williams, Werke für Violine und Orchester,
Hilary Hahn (Violine), London Symphony Orchestra; Ltg.: Sir Colin Davis, DG/Universal.

Dienstag, 25.02.2014

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