Telemann, Georg Philipp (1681 - 1767)

aus kultur Nr. 56 - 4/2009

Telemann war das jüngste Kind des Dia­kons und Predigers Heinrich Telemann und seiner Frau Marie, geb. Haltmeier. Durch den Besuch der Magdeburger Schulen erhielt er eine umfassende Allgemeinbildung. Seine musikalische Frühbegabung zeigte sich durch erste Kompositionen im Alter von zehn Jahren und das Erlernen unterschiedlicher Instrumente wie Geige, Blockflöte, Zither und Klavier im Selbststudium. Abgesehen von einer zweiwöchigen Unterweisung im Klavierspiel erhielt er keinen weiteren Musikunterricht. Mit zwölf Jahren komponierte Telemann seine erste Oper Sigismundus. In Zellerfeld, wo er seit 1693/94 die Schule besuchte, förderte ihn der Superintendent Caspar Calvör. Fast wöchentlich komponierte er für den Kirchenchor Kantaten und schrieb Arien und Gelegenheitsmusiken, die er dem Stadtpfeifer vorlegte. Am Gymnasium in Hildesheim, auf das er 1697 wechselte, lernte er - ebenfalls überwiegend autodidaktisch – Orgel, Violine, Gambe, Traversflöte, Oboe, Schalmei, Kontrabass und Bassposaune zu spielen. Für das dortige Schultheater komponierte er Vokalwerke.
Seine Mutter, die bereits 1685 Witwe wurde, missbilligte Telemanns Beschäftigung mit der Musik und verlangte, dass er Jura studiere. 1701 schrieb er sich an der Universität in Leipzig ein. Auf dem Weg dorthin traf Telemann in Halle den damals sechzehnjährigen Georg Friedrich Händel, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Nur ein Jahr nach dem Eintritt in die Universität gründete Telemann für die musikalischen Studenten ein 40-köpfiges Amateurorchester (Collegium musicum) das auch öffentliche Konzerte gab. Dieses Collegium blieb auch nach seinem Weggang bestehen und wurde unter seinem Namen weitergeführt. Auch unter Johann Sebastian Bach hatte das „Telemannische“ Collegium musicum großen Einfluss auf das Musikleben der Stadt. Telemann leitete auch die Aufführungen des Opernhauses in Leipzig und wurde 1704 von der Neukirche, der damaligen Universitätskirche, als Musikdirektor angestellt.
Im gleichen Jahr erhielt er von Graf Erdmann II. von Promnitz das Angebot, Kapellmeister am Hof von Sorau in Schlesien zu werden. Dort arbeitete Telemann 1705-06 und unternahm Reisen nach Krakau und Pleß, auf denen er die polnische und mährische Folklore kennen und schätzen lernte. 1706 wurde er Konzertmeister und Kantor am Hof des Herzogs Johann Wilhelm in Eisenach und gründete ein Orchester. Hier traf Telemann auf Johann Sebastian Bach. In Eisenach komponierte er u.a. Konzerte für verschiedene Besetzungen und ca. 60-70 Kantaten, bei deren Aufführung er selbst als Bariton mitwirkte. Im Ok­tober 1709 heiratete Telemann Amalie Luise Juliane Eberlin, die jedoch bereits 1711 bei der Geburt der ersten Tochter starb.
Telemann bewarb sich in Frankfurt am Main und wurde dort 1712 zum städtischen Musikdirektor und zum Kapellmeister von zwei Kirchen ernannt. Im Jahr darauf übernahm er zusätzlich die Organisation wöchentlich stattfindender Konzerte.
1714 heiratete er die 16-jährige Maria Catharina Textor, mit der er neun Kinder bekam, von denen sieben überlebten. Zehn Jahre nach der Geburt des letzten Kindes trennte sich das Ehepaar, nachdem seine Frau 5000 Reichstaler im Glücksspiel verloren hatte.
Seit 1715 veröffentlichte Telemann seine zahlreichen Werke im Selbstverlag. Er wechselte 1721 als Nachfolger von Joachim Gers­tenbüttel als „Cantor Johannei“ und „Director Musices“ in die Stadt Hamburg. Er war verpflichtet, wöchentlich zwei Kantaten und jährlich eine Passion zu komponieren. Es entstanden weiterhin zahlreiche Kompositionen für private und öffentliche Anlässe. Telemann baute außerdem das bereits 1660 gegründete, aber nicht mehr konzertierende Collegium musicum neu auf. Seine Tätigkeit als Verleger setzte er in Hamburg fort. Bis 1740 veröffentlichte er 46 Notenwerke im Selbstverlag, die er in mehreren deutschen Städten sowie in Amsterdam und London an Buchhändler verkaufte.
Durch einigen Ärger mit der Stadt Hamburg bewarb sich Telemann nach dem Tode Kuhnaus um die Stelle als Thomaskantor in Leipzig. Nachdem er einstimmig gewählt wurde, erhöhte die Stadt Hamburg sein Gehalt und behielt ihn erfolgreich in ihren Diensten. Telemann übernahm nun die Leitung der Oper, an der er u.a. mehrere Bühnenwerke Händels zur Aufführung brachte. Er stand weiterhin mit auswärtigen Höfen in Verbindung, für die er Werke komponierte. In den regelmäßigen öffentlichen Konzerten für die Oberschicht der Stadt wurden fast ausschließlich seine eigenen Kompositionen aufgeführt.
1728 gründete Telemann zusammen mit Johann Valentin Görner die erste deutsche Musikzeitschrift, die auch Kompositionsbeiträge verschiedener Musiker enthielt. „Der getreue Musikmeister“ erschien alle zwei Wochen und sollte das häusliche Musizieren fördern.
Durch einen achtmonatigen Aufenthalt in Paris 1737/38 mit mehreren Aufführungen seiner Werke erlangte der Komponist endgültig internationale Anerkennung.
In seinen letzten Lebensjahren verschlechterte sich sein Sehvermö-gen. Sein letztes Werk, eine Markus-Passion, entstand in seinem Todesjahr. Telemann starb an den Folgen einer Lungenentzündung. Er wurde auf dem Friedhof des St.-Johannis-Klosters beigesetzt; heute befindet sich dort der Rathausmarkt. Eine Gedenkplatte links neben dem Eingang zum Rathaus erinnert an den Komponisten. Sein Nachfolger im Amt wurde sein Patensohn Carl Philipp Emanuel Bach.
Mit über 3600 verzeichneten Werken ist Telemann einer der produktivsten Komponisten der Musikgeschichte. Viele seiner Kompositionen sind allerdings verschollen; der Großteil der überlieferten Werke stammt aus der Zeit in Frankfurt und Hamburg. Sein Œuvre erstreckt sich auf alle zu seiner Zeit üblichen Musikgattungen. Als Grundprinzipien seiner Werke gelten gesangliche Melodien und einfallsreich eingesetzte Klangfarben. In seinen späteren Werken setzte er zunehmend auf ungewöhnliche Instrumentenkombinationen und neuartige harmonische Effekte.
Seine Instrumentalwerke sind häufig stark von französischen, italienischen und gelegentlich folkloristisch polnischen Einflüssen geprägt. Zu den bekanntesten Werken dieser Gattung zählen die Wassermusiken Hamburger Ebb’ und Flut (1723) und die Alster-Ouvertüre, die Tafelmusik (1733) und die Nouveaux Quators („Pariser Quartette“, 1737).
Telemann schrieb 1750 Kirchenkantaten. Er veröffentlichte auch Kantatensammlungen für kammermusikalische Besetzungen, um den Anforderungen der zahlreichen kleineren Kirchen gerecht zu werden.
Bekannte weltliche Kantaten sind die Trauer-Music eines kunsterfahrenen Canarienvogels („Kanarienvogel-Kantate“), Der Schulmeister und Ino.
Die meisten seiner rund 50 überlieferten Opern wenden sich dem komischen Genre zu, unter ihnen Der geduldige Socrates (1721) und Pimpinone oder Die ungleiche Heirat (1725).
Um den Charakter eines Musikstücks anzugeben setzte sich Telemann – bereits 100 Jahre vor Robert Schumann – für eine Verwendung deutscher Vortrags- und Ausdrucksbezeichnungen ein, ohne jedoch Nachfolger gefunden zu haben.
Auf Wunsch der Musikgelehrten Mattheson und Walther schrieb Telemann drei Autobiographien. Während seiner Wirkungszeit in Hamburg galt er als bekanntester Komponist der deutschsprachigen Welt. Durch den Wandel der Musikauffassung überdauerte die ihm geltende Wertschätzung nicht sehr lange. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit seiner Musiksprache und die systematische Erforschung seines Gesamtwerks begannen erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der entscheidende Anteil der Instrumentation an seinen Werken macht eine historische Aufführungspraxis unvermeidlich. E.H.

Hörtipps:
- Der Schulmeister, Kanarienvogel-Kantate, Suite D-Dur, Hermann Prey, Salzburger Knabenchor, Deutsche Bachsolisten, Helmut Winschermann, Philips.
- Tafel-Musik, Concerto Amsterdam, Frans Brüggen, Das Alte Werk.
- Blockflöten-Werke, Maurice Steger, Akademie f. Alte Musik Berlin, harmonia mundi.
- Ouvertüren und Concerti, Akademie für Alte Musik, Berliner Barock Compagney, Leipziger Bach Collegium, Capella Coloniensis, Ca

Mittwoch, 05.01.2011

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.



Letzte Aktualisierung: 28.03.2024 21:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn