Bruckner, Anton (1824 - 1896)

aus kultur Nr. 48 - 6/2008

Der im oberösterreichischen Ansfelden, in der Nähe der Landeshauptstadt Linz, geborene Komponist war das älteste von elf Kindern des Schulmeisters Anton Bruckner und der Therese Helm. Bereits Bruck­ners Großvater übte den Beruf des Schulmeisters aus und auch der junge Anton wollte Lehrer werden. Bruckner wurde früh im Violin-, Klavier- und Orgelspiel unterrichtet. Bereits mit zehn Jahren nahm er als Organist am Kirchen- und Schuldienst teil. Während eines Aufenthaltes bei Johann Baptist Weiß, der ihm Unterricht in Generalbaß und Orgelspiel gab, entstanden 1835 erste Kompositionen.
Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1837 wurde Bruckner Singknabe im Augustiner-Chorherrenstift St. Florian. Seine musikalische Ausbildung wurde vertieft und er zeigte zunehmendes Interesse am Orgelspiel.
1840 nahm Bruckner an einem zehnmonatigen Präparandenkurs in Linz teil und trat im Jahr darauf seine erste Stellung als „Gehülfe für Trivialschulen“ in Windhaag, drei Jahre später in Kronstorf bei Speyr an. Hier ging er - neben dem Schuldienst - in die Lehre bei dem Chorregenten und Organisten Leopold von Zenetti. Bruckner begann, kammermusikalische Literatur zu studieren und erweiterte seine Kenntnisse in klassischer Kirchenmusik. In dieser Zeit entstanden eine Choralmesse, aber auch erste weltliche Kompositionen.
Nach der erfolgreich absolvierten „Schlußprüfung für Oberlehrer an Hauptschulen“ wurde Bruckner 1845 zunächst „systemisierter Schulgehilfe“ an St. Florian. Noch im selben Jahr bestand er eine weitere Prüfung, die es ihm ermöglichte, als Hilfslehrer an der Grundschule des Dorfes angestellt zu werden.
Im Stift St. Florian begann auch seine musikalische Karriere: 1848 wurde er zunächst provisorischer, drei Jahre später dann bestätigter Stiftsorganist. 1856 siedelte Bruckner nach Linz über, wo er nach erfolgreichem Vorspiel die Stelle des Dom- und Stadtpfarrorganisten zugesprochen bekommen hatte. Nachdem er im Vorjahr noch die Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen abgelegt hatte, entschied sich Bruckner erst jetzt für den Musikerberuf: In den nächsten sechs Jahren bildete er sich bei Simon Sechter, einem der damals führenden Musiktheoretiker und Kompositionslehrer Wiens, fort. Seine erfolgreich abgeschlossenen Studien bei Sechter ließ sich Bruckner bei der Maturitätsprüfung am Wiener Konservatorium offiziell bestätigen. Bei dem Kapellmeister am Linzer Theater, Otto Kitzler, studierte Bruckner für weitere zwei Jahre Instrumentalmusik von der Klassik bis zur Gegenwart. Ein Schlüsselerlebnis war für ihn damals die Begegnung mit dem Werk Richard Wagners. Dessen Musik wurde für Bruckner der große Ansporn für das eigene kompositorische Schaffen. Seine bisher überwiegend kirchenmusikalischen Kompositionen wurden nun durch Instrumentalwerke erweitert.
Im Jahre 1868 erhielt Bruckner eine Anstellung in der Nachfolge des verstorbenen Simon Sechters als Professor für Generalbaß, Kontrapunkt und Orgel am Wiener „Konservatorium der Gesellschaft für Musikfreunde“. Im gleichen Jahr wurde er zum „exspectierenden“ und zehn Jahre später zum wirklichen Mitglied der Wiener Hofmusikkapelle ernannt.
1869 präsentierte Bruckner seine außergewöhnlichen Fähigkeiten auf der Orgel erstmals im Ausland: Nach einem Konzert in Nancy spielte er in Paris vor den Komponisten Franck, Saint-Saëns, Auber und Gounod auf der Cavaillé-Coll-Orgel zu Notre-Dame. Im Jahre 1871 wurde er nach London eingeladen, um auf der riesigen Orgel der neuerbauten Royal Albert Hall zu spielen. Als Improvisator auf der Orgel hat man ihn mit Liszt am Klavier verglichen. Für „sein“ Instrument komponierte Bruckner allerdings nur sehr wenige Werke.
1874 bemühte sich Bruckner erstmals um eine Stelle als Lehrer für Komposition an der Wiener Universität. Durch den Widerstand Eduard Hanslicks, der dort eine Professur für Geschichte und Ästhetik der Musik innehatte, wurde die Anfrage erst im dritten Anlauf bewilligt und Bruckner wurde im Jahr darauf zunächst unbesoldeter „Lektor für Harmonielehre und Kontrapunkt“. Als Lehrer hatte er sich mittlerweile einen Namen gemacht: Zu ihm kamen Schüler aus Österreich, Deutschland, Frankreich und den USA.
1890 bewilligte ihm der österreichische Landtag in Anerkennung seines Wirkens als „vaterländischer Tonkünstler“ bis an sein Lebensende eine finanzielle „Ehrengabe“. Im Jahr darauf wurde der Komponist zum Ehrendoktor der Wiener Universität ernannt.
Bruckner starb vor der Vollendung des Finales seiner neunten Sinfonie. Auf Wunsch des Komponisten befindet sich sein Sarg in der Stiftskirche St. Florian unter der größten der drei Orgeln der Kirche, seiner Lieblingsorgel.
Berühmt wurde Bruckner vor allem für die Komposition seiner, - zählt man die „Studiensinfonie“ und die sogenannte „Nullte“ mit, - elf Sinfonien. Neben Wagner waren für ihn dabei Beethoven und Schubert die verehrungswürdigen Vorbilder.
Bis zu seinem sechzigsten Lebensjahr wurden seine Werke jedoch nur selten aufgeführt. Seine Sinfonien galten lange Zeit nicht nur als übermäßig lang, sondern auch als schwer spielbar. Die Dirigenten Felix Mottl, Hans Richter, Arthur Nikisch und Hermann Levi traten jedoch unermüdlich für Bruckners Werke ein und verhalfen dem Komponisten schließlich zum Durchbruch: Die umjubelte Münchner Aufführung der siebten Sinfonie unter Hermann Levi im Jahre 1885 war der Beginn ihres Siegeszuges durch die Konzertsäle in den Städten Karlsruhe, Köln, Graz, New York, Chicago, Boston und Amsterdam. Bis heute ist diese Sinfonie Bruck­ners wohl populärstes Werk.
Ein wesentlicher Grund für den verspäteten Ruhm Bruckners waren die Rezensionen, die nach Aufführungen seiner Werke in Wien vor allem der „Kritikerpapst“ Eduard Hanslick schrieb. Der erklärte Wagner-Feind „verriss“ die Kompositionen Bruckners und bevorzugte dagegen die Kompositionen von Johannes Brahms.
Die Symphonik Bruckners wich aber auch von den damals gängigen Gattungsnormen ab. Neben der Verwendung einer modernen Harmonik und einer neuartigen Instrumentation ist es vor allem die Vereinigung von Gegensätzen, die seine Sinfonien auszeichnen: „Strenge und Üppigkeit, Schlichtheit und Ekstatik, Bangigkeit und Feierlichkeit“ folgen in raschem Wechsel aufeinander. Die Gegenüberstellung von Klangblöcken und die ständige Verwandlung des musikalischen Materials führt zu gestaffelten Steigerungswellen. Der Bruckner-Forscher Franz Grasberger sprach vom rücksichtslosen „Hineintragen der Ekstase in die Sinfonie“.
Eine weitere Besonderheit der Sinfonien Bruckners sind die verschiedenen Fassungen. Zum Teil auf Wunsch von Freunden, zum Teil aus eigener Motivation überarbeitete er vier seiner Werke: Die erste und die achte Sinfonie liegen in zwei Fassungen vor, von der dritten und vierten gibt es sogar je drei Fassungen. Noch mehrere Jahrzehnte nach Bruckners Tod wurden seine Sinfonien nicht in den Originalfassungen des Komponisten aufgeführt und gedruckt, sondern zum Teil in entstellenden Bearbeitungen.
Seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts nahm das internationale Interesse an der Musik Bruckners zu. Dazu trug wesentlich die Einspielung der Sinfonien und der größeren geistlichen Werke unter Eugen Jochum bei. Danach haben sich viele berühmte Dirigenten des monumentalen sinfonischen Werkes angenommen, unter ihnen Günter Wand. Heutzutage gilt Bruckner als der nächste große Sinfoniker Österreichs nach Beethoven und Schubert. Mit seinen Werken gab er wichtige Impulse bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. E.H.

Zum Nachhören:
-Sinfonien 1- 9, Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester, Günter Wand, Sony BMG.
-Messe Nr. 1, Motetten, Monteverdi Choir, Wiener Philharmoniker, John Eliot Gardiner, Deutsche Grammophon.
-Messen Nr. 2 und 3, Te Deum, geistliche Lieder, Pitz, Reynolds, Daniel Barenboim, EMI.

Zum Nachlesen:
Constantin Floros, Anton Bruckner. Persönlichkeit und Werk, eva.
Karl Grebe, Anton Bruckner, Rowohlt.
Hansjürgen Schaefer, Anton Bruckner. Ein Führer durch Leben und Werk, Henschel.

Mittwoch, 05.01.2011

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